

Alles begann im Frühjahr 2009 in einem Kletterpark in der Nähe von Dresden. Der Betreiber des Parks war einen ungewöhnlichen Weg gegangen, um seine Geschäftsidee zu verwirklichen. Er ermöglichte es 100 Investoren, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Diese ließen es sich selbstverständlich nicht nehmen, mit Familie und Freunden zur Eröffnung zu kommen und fleißig Mund-zu-Mund-Propaganda für “ihren” Kletterpark zu betreiben. Auch Jens-Uwe Sauer, langjähriger Gründungsberater für Startups, besuchte den Park – und war Feuer und Flamme für das neuartige Finanzierungskonzept, durch das er realisiert werden konnte.
Die Idee entstand im Kletterpark
Im Rahmen seiner Arbeit hatte Sauer schon zahlreiche vielversprechende junge Unternehmen mit innovativen Ideen kennengelernt – doch längst nicht alle dieser Ideen konnten Wirklichkeit werden. Oft scheiterte es am nötigen Kleingeld. In Deutschland gab es seinerzeit nur wenige aktive Venture-Capital-Gesellschaften, die Business-Angel-Kultur steckte noch in den Kinderschuhen. Zudem waren während der Nachwehen der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008 viele Akteure der Finanzwelt überwiegend mit sich selbst beschäftigt. Junge Unternehmen zu finanzieren und dabei Risiken einzugehen, stand nicht gerade hoch im Kurs. Es gab eine erhebliche Finanzierungslücke für Startups in Deutschland, dessen war sich Jens-Uwe Sauer bewusst. Und er hatte nun eine Lösung gefunden: Wenn ein Kletterpark Menschen begeistern, zu Förderern und Fürsprechern machen kann, dann können es innovative, junge Unternehmen auch, schlussfolgerte er. Die Idee zu Seedmatch war geboren.
Von der Gründung der damaligen Seedmatch GmbH im Jahr 2009 bis zum ersten Funding auf unserer Plattform vergingen jedoch noch zwei Jahre, in denen sich das Seedmatch-Team vor allem mit rechtlichen und bürokratischen Fragestellungen beschäftigen musste. In welcher Form beteiligt man eine Vielzahl von Crowdinvestoren am besten an einem Startup? Wie sollen die Verträge sowohl zwischen Crowd und Unternehmen als auch zwischen Unternehmen und Plattform ausgestaltet sein? Welche Lizenzen und Genehmigungen benötigt Seedmatch? Das alles war völliges Neuland, denn Crowdinvesting als Anlage- und Finanzierungsform existierte bis dato in Deutschland nicht. Doch Seedmatch überwand alle Hürden. Am 1. August 2011 war es endlich soweit: Mit Cosmopol und NeuroNation starteten gleich zwei Unternehmen ins Funding.
Seedmatch etabliert sich schnell – und erhält zwei Schwestern
Voller Vorfreude und mit Spannung erwartete das erst dreiköpfige Seedmatch-Team die Fundingstarts. Würde die Idee einer demokratischen Startup-Finanzierung viele Investoren begeistern und sich so die harte Arbeit der beiden vorangegangenen Jahre auszahlen? Alle Zweifel erwiesen sich als unbegründet. Knapp 350 Kleinanleger entdeckten bereits im Jahr 2011 die Plattform Seedmatch für sich und investierten in die beiden ersten Projekte, die nach drei Monaten erfolgreich finanziert waren. Schon im Jahr 2012 etablierte sich Seedmatch als Anlaufstelle für startup-affine Investoren sowie junge Unternehmen mit Kapitalbedarf: 27 erfolgreiche Fundings zählte unsere Plattform von August 2011 bis Dezember 2012, darunter Finanzierungsrunden von heute so bekannten Unternehmen wie SugarShape, JobRad (damals unter dem Namen LeaseRad) und Seeding Alliance (damals rankseller). Über 2.200 Anleger investierten in diesem Zeitraum über 3,1 Mio. Euro.
Ende 2012 beförderten neue regulatorische Entwicklungen das weitere Wachstum von Seedmatch. Bis dahin war die Investmentform der stillen Beteiligung zum Einsatz gekommen. Sie war jedoch nur auf ein maximales Investmentvolumen von 100.000 Euro gedeckelt und daher ungeeignet für Unternehmen mit höherem Kapitalbedarf. Im November 2012 wurde sie durch das bis heute genutzte partiarische Nachrangdarlehen abgelöst, das höhere Volumen ermöglichte. Dadurch wurde Crowdinvesting als Finanzierungsform für viele weitere Unternehmen interessant, die Anzahl der Finanzierungsrunden und der Investoren sowie das investierte Kapital wuchsen deutlich. Beflügelt durch den gelungenen Start von Seedmatch sowie die neuen rechtlichen Möglichkeiten begannen wir damit, das Potenzial des Crowdinvestings auch auf andere Bereiche außerhalb der Unternehmensfinanzierung zu übertragen. 2013 erhielt Seedmatch mit Econeers die erste Schwesterplattform, die sich zunächst ausschließlich der Finanzierung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien widmete und sich später auch für nachhaltige Unternehmen außerhalb des Energiesektors öffnete. Mit Mezzany kam im Jahr 2015 ein weiteres Vertical im Bereich Immobilien hinzu.
Die Crowd feiert erste Exits
Nicht nur wir bei Seedmatch freuten uns über die positive Entwicklung – auch unsere Crowd profitierte schon bald von ihren Investments in junge Unternehmen. Dem Startup Lottohelden gelang 2015 der erste Crowd-Exit Deutschlands. Mit dem Verkauf des Unternehmens endeten die Verträge mit der Seedmatch-Crowd, die Investoren erhielten einen Bonuszins nach Exit-Ereignis. Und es sollte nicht der einzige Crowd-Exit bleiben: Im Jahr 2018 bescherte der Sportevent-Veranstalter XLETIX (ehemals KrassFit) seinen Anlegern eine Vervielfachung ihres Investments; 2019 sorgte der Exit von erdbär, dem Hersteller gesunder Snacks für Kinder, bei den Investoren für ein zweistelliges Multiple auf ihr Ursprungsinvestment; und im selben Jahr erzielte die Crowd mit Seeding Alliance (ehemals rankseller) eine märchenhafte Rendite von 1.600 Prozent. Das sind nur einige Beispiele, denn insgesamt gab es mittlerweile schon zehn Crowd-Exits unter den Seedmatch-Unternehmen. Gemeinsam feierten Investoren und Startups, zwischen denen oft eine enge Bindung besteht – oder, wie Seeding-Alliance-Geschäftsführer Cevahir Ejder es ausdrückt: „Für uns waren die Crowdinvestoren wie starke Familienmitglieder, die uns ihr Geld anvertraut haben.”
Einige Jahre nach der Gründung von Seedmatch rückten auch die Weiterentwicklung von Produkt und Unternehmen stärker in unseren Fokus. Im Jahr 2016 entstand das Venture Debt als zweites Investmentmodell neben dem Seed Investment. Damit erweiterten wir unser Angebot um Investmentmöglichkeiten mit festem Zinssatz, die auch viele Crowdinvesting-Neulinge ansprechen. Zudem öffnete sich unsere Plattform so für Wachstumsunternehmen, die den Break-even schon erreicht hatten oder bei denen dieser kurz bevorstand, und die bereits in der Lage waren, feste Zinsen aus ihrem Cashflow zu zahlen. Eine weitere Neuerung brachte das Jahr 2017 mit sich: Der Early-Bird-Bonus, mit dem frühe Investments innerhalb der ersten Fundingwoche belohnt werden, wurde zum Standard und befeuert seitdem die Anfangsdynamik der Kampagnen. Und auch strukturell stellten wir uns 2017 neu auf: Johannes Ranscht und Stefan Flinspach übernahmen die Geschäftsführung von Seedmatch und brachten Vertriebs- und Startup-Erfahrung sowie langjährige Expertise im Management und der Strategieentwicklung mit, wovon die Plattform, die zu diesem Zeitpunkt bereits 15 Mitarbeiter hatte, seitdem profitieren konnte.
Fundingindex belegt Renditepotenzial des Crowdinvestings
Wie stark aber profitierten die Investoren bisher von ihrem Engagement bei Seedmatch? Das fragten sich die neuen Geschäftsführer – und mussten feststellen: Deutschlandweit gab es noch keine einzige Untersuchung zur Renditeerwartung beim Crowdinvesting in junge Unternehmen. Gemeinsam mit der Universität Oldenburg machten wir uns daher auf, um nach wissenschaftlichen Kriterien zu betrachten, ob sich Crowdinvesting in die Seedmatch-Unternehmen gelohnt hat. Das Ergebnis der ersten Auflage des Fundingindex aus dem Jahr 2018 konnte sich sehen lassen: 15 Prozent Rendite p. a. erzielte ein fiktiver Anleger mithilfe einer breiten Diversifikation, d. h. dem Investment kleiner Summen in zahlreiche verschiedene Unternehmen. Da sich viele Fundingunternehmen weiterhin positiv entwickelten und mehr Crowd-Exits Eingang in die Analyse fanden, kam der Fundingindex 2020 sogar zu einem Ergebnis von 16 Prozent Rendite p. a. Auch künftig soll die Untersuchung im Abstand von zwei Jahren fortgeführt werden.
Über die Jahre hinweg wurden neue Produkte eingeführt, zahlreiche Exits gefeiert und das Renditepotenzial des Crowdinvestings wissenschaftlich belegt – nun war es Zeit, auch die Seedmatch-Plattform aufzufrischen. Das Jahr 2019 brachte den Relaunch von Seedmatch sowie den Schwesterplattformen, die seitdem in modernem Design erstrahlen und viele neue Funktionen bieten. Die drei Marken rückten unter dem Dach der OneCrowd, dem Unternehmen hinter Seedmatch, Econeers und Mezzany, noch enger zusammen – etwa durch einen gemeinsamen Login für alle drei Plattformen. Durch den Relaunch wurde zudem die Möglichkeit geschaffen, über Seedmatch depotfähige Wertpapiere von Unternehmen zu zeichnen. Mit der Veganz-Anleihe boten wir Anfang des Jahres 2020 den ersten Crowdbond, d. h. die erste Unternehmensanleihe, digital zur Zeichnung an. Neben Seed Investment und Venture Debt haben wir so eine dritte Finanzierungsform geschaffen, die sich an reife Unternehmen und Mittelständler richtet.
Der einstige Underdog ist im Mainstream angekommen
Nun, zu Beginn des Jahres 2021, unseres Jubiläumsjahres, blicken wir voller Stolz zurück und voller Vorfreude in die Zukunft. Mehr als 140 Finanzierungsrunden, über 70.000 registrierte Nutzer und 56 Mio. Euro eingesammeltes Kapital verzeichnet Seedmatch heute. Die völlig neue Finanzierungs- und Anlageform, die anfangs mit Neugier und Skepsis betrachtet wurde, hat einen Beitrag dazu geleistet, dass innovative Geschäftsideen Wirklichkeit wurden, junge Unternehmen florierten, Arbeitsplätze entstanden, Crowdinvestoren starke Renditen erzielten und dass Startups und Anleger zu einer eingeschworenen Gemeinschaft zusammenwuchsen. Ohne mutige Unternehmer, die bereit waren, neue Wege zu beschreiten, und ohne treue Investoren, die an frische Ideen glaubten und uns sowie unseren Startups viel Vertrauen entgegenbrachten, wäre all das nicht möglich gewesen. Dafür danken wir allen Fundingunternehmen und Investoren von Herzen!
Unser Jubiläumsjahr wird ein spannendes – und das nicht nur, weil wir anlässlich des Seedmatch-Geburtstags viele Aktionen und Überraschungen planen. Mit der EU-weiten Harmonisierung des Crowdinvestings ab November 2021 ändern sich erneut die Spielregeln. Damit eröffnen sich neue Möglichkeiten für das Crowdinvesting, die auch wir nutzen wollen. Für Seedmatch, einst als Idee in einem Kletterpark entstanden, soll es auch 2021 weiter hoch hinaus gehen.
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4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Vielen Dank für diesen interessanten Einblick und Glückwunsch zum 10-jährigen Jubiläum.
Ich finde es sehr schön, dass Sie konkrete Zahlen genannt haben. Eine durchschnittliche Rendite von 15 bis 16% p. a. ist ziemlich beeindruckend.
Allerdings ist bekannt, dass Rendite immer im Zusammenhang mit Risiko zu sehen ist. Das ist auch in Ordnung. Hier vermisse ich allerdings entsprechende Informationen, die das Gesamtbild abrunden würden. Deshalb meine Frage:
Wie viele der über Seedmatch finanzierten Projekte gingen mit einem (Total)verlust für die Crowdinvestoren aus?
Überhaupt wären genauere Angaben über die Verteilung der erzielten Renditen aussagekräftiger als nur ein Index und damit eine durchschnittliche Rendite. Es ist doch bestimmt so, dass die hohe Rendite nur durch sehr wenige Projekte mit überdurchschnittlichem Ergebnis zustande kommt. So würde sie, sofern man nicht zufällig so ein Superprojekt dabei hat, in den meisten Fällten auch bei guter Risikostreuung viel geringer ausfallen. Deshalb meine zweite Frage:
Können bzw. möchten Sie genauere Angaben zur Verteilung der erzielten Rendite über die abgeschlossenen Projekte machen?
Vielen Dank und mit besten Grüßen
Petra Wolff
Liebe Frau Wolff,
vielen Dank für Ihren umfangreichen Kommentar und Ihre Glückwünsche – darüber freuen wir uns sehr! Gern gehe ich auf Ihre Fragen ein.
Im Beitrag zum 10-jährigen Jubiläum haben wir das Thema Renditepotenzial nur kurz angerissen und daher auf viele weiterführende Informationen zum Thema verzichtet. Zahlreiche weitere Infos, die für Sie von Interesse sind, haben wir jedoch im Zusammenhang mit unserem Seedmatch Fundingindex 2020 veröffentlicht. Von über 120 über Seedmatch finanzierten Unternehmen sind bisher 17 ausgefallen (d. h. Insolvenzverfahren bzw. Liquidation sind bereits abgeschlossen und eine Rettung des Unternehmens nicht mehr möglich), was einem ausgefallenen Volumen von 4,3 Mio. Euro entspricht (von bislang über 56 Mio. Euro über Seedmatch vermitteltem Kapital).
Für die Berechnung der durchschnittlichen Rendite haben wir in unserem Fundingindex jedoch nicht nur die Unternehmen, bei denen Insolvenz bzw. Liquidation bereits abgeschlossen sind, als Ausfälle gezählt, sondern auch jene Unternehmen, die sich noch im Insolvenzverfahren befinden. Wir haben diese mit einer Negativrendite (keinerlei Zinszahlungen und Komplettverlust des Darlehens) in den Fundingindex einberechnet. Das ist eine sehr konservative Betrachtungsweise, denn in der Praxis werden z. T. auch Insolvenzen abgewendet oder aber es sind vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits Zinsen an die Anleger geflossen. Doch selbst mit dieser konservativen Betrachtungsweise konnten wir die im Beitrag erwähnte Rendite von durchschnittlich 16 % p. a. erreichen.
Weitere Informationen zu unserem Fundingindex finden Sie in diesem Blogbeitrag: https://blog.seedmatch.de/neuer-fundingindex-16-prozent-rendite/
Hier können Sie den kompletten Index herunterladen: https://cms.seedmatch.de/wp-content/uploads/2021/12/Fundingindex-Abstract-2020.pdf
Zu Ihrer zweiten Frage: Es ist natürlich richtig, dass sich die Projekte unterschiedlich gut entwickeln und dadurch einige die Rendite stärker nach oben treiben als andere. Aus diesem Grund empfehlen wir eine sehr breite Portfoliodiversifikation und gehen auch im Fundingindex für die Berechnung von einem Anleger aus, der nur den Mindestbetrag von 250 Euro in sehr viele Projekte investiert. Wir verstehen selbstverständlich das Interesse daran, genauer zu erfahren, welche Unternehmen den größten Anteil am Renditepotenzial haben. Leider ist es uns jedoch nicht möglich, detaillierte Informationen auf Unternehmensbasis zu veröffentlichen, da sich aus den erzielten Renditen Rückschlüsse auf Umsatz, EBIT und Gewinn der Unternehmen ziehen ließen. Dies sind sehr sensible und auch für Wettbewerber der betroffenen Unternehmen interessante Daten, die daher nur zwischen Unternehmen und Investoren und nicht öffentlich geteilt werden können.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen hiermit beantworten. Gern können Sie bei weiteren Fragen auch unsere Investorenbetreuung per E-Mail an investor@onecrowd.de kontaktieren.
Viele Grüße,
Kirsten Petzold
Liebe Frau Petzold,
vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Ich habe mir das verlinkte PDF inzwischen angesehen. Es beantwrotet meine Fragen recht gut.
Meine Frage nach der Verteilung der einzelnen Entwicklungen meinte ich nicht aufgeschlüsselt bis auf die einzelnen Unternehmen. Die Aufteilung in „Top-Performer, Performer, Wackelkandidaten und Ausfälle“ ist die Info, die ich gesucht hatte.
Viele Grüße
Petra Wolff
Liebe Frau Wolff,
vielen Dank für Ihre positive Rückmeldung. Ich freue mich, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte und dass unser Fundingindex viele Ihrer Fragen beantwortet hat. Bei weiteren Fragen melden Sie sich jederzeit gern.
Viele Grüße,
Kirsten Petzold