WOSTOK: “Wenn man auf den Geschmack gekommen ist, gibt es keine Alternative”

Genieß den Unsinn – ohne schlechtes Gewissen. So lautet der Claim der Berliner Kultbrause Wostok und unseres neuen Venture Debts auf Seedmatch. Das hippe Kreuzberger Gebräu aus Taigawurzel, Fichtennadelöl, Rosmarin oder Kardamon liegt Dank seines unverkennbaren Geschmacks, seiner Unabhängigkeit von internationalen Konzernen wie Nestlé und guter Zutaten im Trend. Wir sprachen mit Gründer Joris van Velzen über seine in Flaschen abgefüllte Interpretation des russischen Lebensgefühls, wie er im Alleingang eine neue Marke aufbaute und welche Chancen ihm seine Crowdfunding-Kampagne nun eröffnet.

Seedmatch: Grüß dich, Genosse! Als ich vor vielen Jahren das erste Mal in meiner Unistadt Jena, am ehemaligen Platz der Kosmonauten, eine Wostok Tannenwald probierte, hat es mich ganz schön geschüttelt. Mittlerweile gehört sie bei jedem Sonntagsbummel zum festen Ritual. Ich glaube, vielen ging es beim ersten Mal so. Wie kommt es?

Joris van Velzen: Wohl weil WOSTOK ein „acquired taste“ ist… man weiß, anders als bei einer Apfelschorle, nicht so richtig, was man sich bei „Tannenwald“ vorstellen muss. Oder bei Estragon-Ingwer, oder Aprikose-Mandellimonade. Wenn man einmal auf den Geschmack gekommen ist, gibt es eben auch keine Alternative 🙂

Seedmatch: Du hast die doch sehr ungewöhnlichen Varianten der Limonade in der Zeit als Berufsfotograf in Moskau kennengelernt, stimmt’s?

Joris van Velzen: Stimmt. Ich bin in 1989 in die UdSSR umgezogen, wo ich anfangs als Fotokorrespondent für Niederländische Zeitungen arbeitete. Später öffnete ich ein Werbefotografiestudio, just als die Grenzen sich ein wenig öffneten für ausländische Firmen – wie Coca-Cola, einer meiner ersten Kunden.

Seedmatch: Wie kommt man bitte auf die Idee, den doch sehr gewöhnungsbedürftigen Geschmack wiederaufleben zu lassen und nach Deutschland zu bringen?

Joris van Velzen: Es war eine Schnapsidee, eine Obsession, ein „Kunstprojekt“. Die Idee, daraus ein Geschäft zu machen, kam erst später.
Als ich eines Tages plötzlich Lust auf das mir aus Russland bekannte Getränk verspürte, bin ich sofort zum Russischen Supermarkt. Die Plörre, die ich da in der 2-Liter-PET-Flasche kaufte, enttäuschte mich enorm, aber der Wunsch ließ mich nicht mehr los.
‚Dann mache ich sie halt selber‘, muss etwa der Gedanke gewesen sein. Die Suche nach dem Ursprung aus 1973 und die Reise zurück nach Moskau wurden zum Abenteuer.
Mein Freund Zaher, seines Zeichens Betreiber einer Kreuzberger Cocktailbar, probierte mein erstes Muster und sagte „Geil“ – das war in etwa die Marktforschung.
Zaher’s Bar ist nach wie vor Wostok-Botschaft der ersten Stunde, mit vielen ausgefallenen Cocktails und Longdrinks in der Karte.

Seedmatch: Versteh ich das richtig, du hast im Alleingang die Marke als auch die Brause wiederbelebt? Wie viele Flaschen gehen denn Jahr für Jahr über die Ladentheke?

Joris van Velzen: Nein, nicht die Marke – die ist neu. Das Sowjetische Getränk heißt Baikal, und ist im direkten Vergleich mit Wostok vor allem süßer.
Der Name WOSTOK kommt vom Sowjetischen Raumfahrtprogramm der 60er – Juri Gagarin war der erste Mann im All im WOSTOK-1. Das Wort bedeutet außerdem „Der Osten“ auf Russisch.
Auch das Etikett ist neu, wenngleich ganz bewusst im Stil des Sozialrealismus gestaltet.

Ansonsten war es tatsächlich anfangs ein Alleingang – mehr das Resultat einer Besessenheit als eine Geschäftsidee, die kam erst später.

Im ersten Jahr wurden genau die 30.000 Flaschen verkauft, die ich bei der Erstproduktion abfüllen ließ. Als der LKW in Berlin ankam und meine Fotoassistentin und ich die 30.000 Flaschen von Hand abluden (weil wir nicht wussten, dass man dafür einen Gabelstapler braucht) realisierte ich erst, wie unglaublich viel Limonade ich da plötzlich im Keller hatte – ich dachte, die werde ich nie los.

Aber irgendwie wurden daraus 120.000 im zweiten Jahr… und dieses Jahr werden wir knapp an die 2 Millionen Flaschen herankommen.

Seedmatch: Wenn ich mich im Supermarkt umschaue, werben viele Limonaden mit Siegeln wie Bio, Vegan, Zuckerfrei, Detox oder sonst was. Schrill, grell und mit einer immensen Vielzahl an Werbebotschaften gequetscht auf einem Etikett. Warum finde ich diesen Trend nicht bei Wostok wieder?

Joris van Velzen: Na ja, immerhin haben drei unserer sechs Sorten das BIO-Siegel, und neuerdings schreiben wir sogar ganz diskret „vegan“ auf dem Rückenetikett, mit kleinen Buchstaben, weil täglich E-Mails kamen mit der Frage, ob WOSTOK denn vegan sei.
Aber damit hausieren ist irgendwie peinlich – durch „Bio“ wird eine Limo nun wirklich nicht zu einem gesunden Produkt, wenigstens weniger ungesund.
Die ausgefallenen Geschmacksrichtungen und das Design sollen für sich sprechen.

Seedmatch: Dennoch verkaufst du fast 2 Millionen Flaschen und jedes Jahr werden es mehr. Sind alle deine Kunden ehemalige russische Staatsbürger oder alle Fans des Ostalgie-Charmes?

Joris van Velzen: Eher umgekehrt: Die Russische Diaspora gehört mit wenigen Ausnahmen nicht zu den Stammkunden – in keinem Russischen Laden (und es gibt viele!) gibt es WOSTOK.
Erfreulicherweise (und ironischerweise) entwickelt sich WOSTOK dafür gerade gewaltig gut in Russland.

Hierzulande ist das Publikum recht bunt: Hipster, Studenten, die aus politischen Erwägungen kleine Marken unterstützen statt Großkonzerne, bewusste Konsumenten, die andächtig das Zutatenverzeichnis lesen, oder einfach nur Lebensgenießer, die abenteuerlich genug sind, mal etwas abseits vom Mainstream zu probieren – mit halbwegs gutem Gewissen.
Ostalgie könnte zwar ein Faktor sein (Leipzig dürfte nach Berlin die „wostokisierste“ Stadt in Deutschland sein), aber wohl kaum eine Erklärung dafür, warum die Brause sich z. B. in Holland so gut entwickelt. Die meisten Fans finden das Design zwar „irgendwie cool“, erkennen aber alters- und herkunftsbedingt nicht immer den Sowjetischen Hintergrund.
Dooferweise lässt sich unser erster Werbespruch „von Genossen genossen“ auch in keine andere Sprache übersetzen 🙂

Seedmatch: Auch das Design der Wostok-Produktfamilie spielt mit dem ostalgischen Charme. Prof. Dr. Jörg Petruschat, Professor für Designtheorien und ehemaliger Herausgeber der Zeitschrift „form+zweck“ hat dieses typische Design der Ostprodukte mal wie folgt beschrieben: Könnte es sprechen, würde es sagen, „Vertrau mir. Ich bin das einzige, was es gibt.“ Sie buhlen eben nicht um die Aufmerksamkeit im Regal, sondern punkten durch dieses suggerierte Gefühl von Sicherheit beim Kunden. Glaubst du, diese Wirkung trifft auch auf deine Limonade zu und ist auch ein Grund für ihre Beliebtheit?

Joris van Velzen: Hmm… Sicherheit? Da bin ich mir nicht sicher… Ich bin jedoch überzeugt, dass die Ästhetik das Getränk salonfähig macht bei einer älteren Zielgruppe, eine akzeptable Alternative zu Alkohol. Wenn alle deine Freunde Bier trinken siehst du mit einer Fanta vielleicht etwas blöd aus, nicht jedoch mit einem Wostok.

Seedmatch: Gibt es regionale oder saisonale Absatzschwerpunkte?

Joris van Velzen: Klar. Im Winter wird, oh Überraschung, weniger Limonade getrunken wie im Sommer. Darüber hinaus ist der Süden eindeutig konservativer als der Osten, argwöhnischer.
Aber wir kriegen sie noch, die Schwaben! Erste Anfänge gibt es schon, mit Getränkegroßhändlern in u. a. Reutlingen, Göppingen und Stuttgart.
Bestimmte Geschmacksrichtungen sind deutlich stärker in einigen Regionen: Dattel-Granatapfel ist dank Fenchel und Anis der Renner in den Niederlanden.
In Süddeutschland machen wir mit dem selben Getränk keine Freunde – wohl deswegen, weil es an Lakritz erinnert.
Ironischerweise ist der „Classic“, Tannenwald, in Russland ganz hinten, da laufen die BIO-Sorten am besten.

Seedmatch: Warum startest du jetzt eine Crowdfunding-Kampagne bei uns? Wie sieht die Zukunft von Wostok aus?

Joris van Velzen: Wir sind hart an die Grenzen unserer Möglichkeiten gestoßen, mit nur zwei Mitarbeitern und einem Praktikanten. Um weiter wachsen zu können, müssen wir dringend den Vertrieb professioneller aufbauen, Personal anheuern… Wir brauchen einige Werbemittel, und wir wollen sinnvollere Mengen vorproduzieren – und damit auch die Produktionskosten senken.
Wir sehen uns in 2020 mit einer Produktion von 5 Millionen Flaschen, und glauben fest daran, dass der Zuwachs vor allem aus dem Ausland kommt: Der Export-Anteil an der Gesamtproduktion steigt stetig. Wir sind derzeit in über 20 Ländern aktiv, wenngleich nicht in jedem so stark wie in Russland, den Niederlanden oder Tschechien, und starten noch in 2017 mit dem Export in u. a. die VAE und Ungarn.

Seedmatch: Kannst du unseren Genossen kurz zusammenfassen, warum sich für sie eine „korrekte Wostokisierung“ lohnt?

Joris van Velzen: Mit WOSTOK haben wir eine starke Marke geschaffen, die eine sehr große und stets wachsende Fanbase hat und eine hohe Loyalität genießt. Mit unserer BIO-Linie treffen wir den Zeitgeist.
Wir haben seit dem Anfang unseres Abenteuers mehr als 10 Millionen Flaschen verkauft, und das mit einer denkbar schlichten Struktur – ohne eigenes Vertriebspersonal oder große Marketingausgaben.
Deshalb sind wir zuversichtlich durchstarten zu können, wenn wir die Kapazität bekommen, um auf unser Potenzial aufzubauen.
WOSTOK hat ein großes Alleinstellungsmerkmal gegenüber fast allen anderen Getränken: die einzigartigen Geschmackskombinationen. Es eignet sich außerdem hervorragend für spannende, neue Cocktails und Longdrinks.
„Made in Germany“ hat im Ausland einen hohen Wert, aber für unser Publikum dürfte eins sogar noch wichtiger sein: „from Berlin with love“.

Seedmatch: Vielen Dank und zum Wohle.

Joris van Velzen: За здоровье!

 

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