

Ob Ritual, Genuss oder schlichtweg Notwendigkeit – Essen ist ein zentraler Bestandteil unseres alltäglichen Lebens, welcher ebenso unumgänglich wie facettenreich ist. Kein Wunder also, dass die Food-Branche auch innerhalb der Startup-Szene Neugier weckt und ihr Potenzial entfaltet. Immerhin ordnet sich fast jedes zehnte Startup in Deutschland der Branche Ernährung und Nahrungsmittel/ Konsumgüter zu. Dass bewusste Ernährung und Food-Trends auch an der Crowd nicht spurlos vorbei gehen, zeigen u. a. unser Erfolgsfunding Veganz oder das Funding des Leipziger Startups the nu company auf unserer Schwesterplattform Econeers. Grund genug für uns, uns einen Überblick über aktuelle Food-Trends und -Startups zu verschaffen.
Aktuelle Food-Trends
Sprachen vor ein paar Jahren alle noch über Superfoods wie Chia-Samen, Quinoa oder Goji-Beeren, prophezeit der Food Report 2020 das Ende der klassischen Mahlzeiten, wie wir sie kennen. Snackification lautet das Stichwort – weg von Frühstück, Mittag, Abendbrot, hin zu sogenannten Mini-Mahlzeiten. Das bedeutet allerdings nicht, dass wir uns nur noch von Schokoriegeln, Gummitieren oder Joghurt ernähren, sondern dass sich die Mahlzeiten unserem Arbeitsalltag anpassen und dabei auch noch gesund sind. Ein Unternehmen, welches diesem Trend folgt beziehungsweise ihm sogar voraus war, ist das im Jahr 2019 erfolgreich über Econeers finanzierte Tress Brüder. Sie bieten „schnelles Slow-Food“ an – frische Bio-Fertiggerichte für den schnellen Genuss im ökologischen Kartonbecher.
Doch nicht nur klassische Fertiggerichte, sondern auch sogenanntes Complete Food im Flüssig-Format erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Die Trinkmahlzeiten sind dabei nicht nur als Snack für zwischendurch gedacht, sondern können komplette Mahlzeiten einfach ersetzen. Nährstoffverzicht: Fehlanzeige. Die meist mit hohem Proteinanteil beworbenen Shakes bzw. Pulver gelten als richtige Sattmacher – allerdings ganz ohne das unangenehme Völlegefühl danach. Bekannte Hersteller sind beispielsweise das “Höhle Der Löwen”-Startup YFood, der Pionier Huel oder der österreichische Anbieter Saturo.
Weitere Food-Trends wie Vertical Farming oder Urban Food versuchen Lösungen für den in Städten vorherrschenden Zielkonflikt von Bevölkerungswachstum und steigendem Umweltbewusstsein zu finden. Denn immer mehr Menschen wünschen sich gesunde Lebensmittel und achten auf Regionalität. Prognosen zufolge werden allerdings bis zum Jahr 2030 60 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben. Das bedeutet auch, dass Produktion, Verarbeitung und Konsum wieder näher zusammenrücken und die Landwirtschaft in die Stadt zurückkehrt. Schon jetzt konnte bestätigt werden, dass Infarming-Lösungen effektiv Ressourcen schonen. 95 % weniger Wasser, 90 % kürzere Transportwege und 99 % weniger Fläche – das verspricht der international tätige Anbieter für Infarming-Lösungen Infarm. Und auch das 2021 erfolgreich über Seedmatch finanzierte Startup BerlinGreen zeigt, wie smart Indoor Gardening ist, und erhielt von der Crowd die volle Zielsumme von 500.000 Euro.
Neben der Art und Weise der Verpackung legen die Verbraucher zunehmend Wert auf Regionalität und Qualität. Umfragen zufolge wünschen sich Konsumenten vor allem frische und unbehandelte Lebensmittel, welche möglichst frei von Konservierungsstoffen sein sollen. Die österreichische Ernährungswissenschaftlerin Hanni Rützler beschreibt De-Processing als die Strategie des Lebensmitteleinzelhandels, diesen Anforderungen gerecht zu werden, indem neue Produkte nur noch aus Bestandteilen bestehen sollen, die auch in jedem durchschnittlichen Haushalt verwendet werden. Food-Trends und Veränderungen wie diese sind der Beweis für Umbrüche in unserer Esskultur, welche in alternativen Produkten wie beispielsweise essbaren Strohhalmen, neuen Ernährungskonzepten und in innovativen Geschäftsmodellen resultieren.
Food-Startups erobern den Markt
Klassiker, wie sie schon in Omas Küche zum Einsatz kamen, rücken wieder mehr in den Vordergrund – wie die selbstgemachte Knochenbrühe des Berliner Food-Startups und kürzlich auf Econeers finanzierten Fundings Bone Brox. Das Unternehmen verfolgt die Vision, traditionelle Küche mit Erkenntnissen aus moderner Wissenschaft zu vereinen, um dem modernen und gesunden Lifestyle gerecht zu werden. Trotz des Erfolges sind Produkte wie die Knochenbrühe „Freilandhuhn“ womöglich nicht jedermanns Sache. Die rund 8 Millionen Vegetarier und 1,3 Millionen Veganer in Deutschland bevorzugen wohl eher pflanzliche Alternativen wie die des weltweit einzigen Vollsortimenters für vegane Lebensmittel Veganz, der im Herbst 2019 2 Millionen Euro über ein Funding bei Seedmatch einsammelte. Das Unternehmen bewegt sich in einem großen Wachstumsmarkt, denn Schätzungen zufolge kommen täglich 2.000 neue Vegetarier und 200 neue Veganer zu den sich bereits vegan-vegetarisch ernährenden Menschen hinzu.
In einer Branche, die so viele Möglichkeiten für Weiterentwicklung bietet, fällt es schwer zu sagen, welcher Trend den Markt als nächstes bestimmen wird, welches Produkt das Beste ist oder welches Unternehmen die innovativste Idee hat. Der ProSiebenSat.1 Accelerator und die Hack AG, einer der führenden Hersteller von Bäckerei- und Konditoreiprodukten, haben es dennoch gewagt und kürten im Jahr 2019 erstmals den „Best Food Founder“. Im Rahmen des Pitch-Wettbewerbs auf der Anuga, der weltgrößten Fachmesse der Ernährungswirtschaft in Köln, setzte sich das Startup air up gegen die Konkurrenz durch. Das Unternehmen bietet die weltweit erste Getränkeflasche an, die den Geschmack durch den Duft vermittelt.
Angesichts der aktuellen Entwicklungen innerhalb der Food-Branche, die von Fleisch- und Fischalternativen über innovative Ernährungskonzepte bis hin zu duftenden Getränken reichen, ist es für Konsumenten nicht immer leicht, die neuesten Food-Trends zu entdecken. Oftmals landen beim Wocheneinkauf im Supermarkt eben doch wieder die gleichen Dinge im Einkaufswagen. Doch auch für dieses Dilemma haben junge Unternehmen Lösungen gefunden. So bietet zum Beispiel das Münchner Startup utry.me Probierpakete neuer oder noch unbekannter Food-Produkte zum Festpreis von 24,90 Euro an. Das Beste daran ist, dass man selbst entscheidet, welche Produkte im Paket landen.
Nun bleibt abzuwarten, was in den kommenden Jahren in Deutschlands Haushalten noch alles auf den Tisch kommen wird …