Steuer-ABC für Investoren: Ihre Konfession beeinflusst Ihre Rendite

Mitglieder der deutschen römisch-katholischen oder evangelischen Kirche zahlen auf alle ihre Einkünfte Kirchensteuer – das schließt Kapitalerträge natürlich mit ein. Sie wird von den Finanzämtern der jeweiligen Länder erhoben oder von den Kirchensteuerämtern direkt. Die auf die Abgeltungsteuer für Kapitalerträge entfallende Kirchensteuer wird entsprechend dem Kirchensteuersatz der Religionsgemeinschaft, der der Investor angehört, als Zuschlag erhoben. Sie abzuführen ist gesetzliche Pflicht. Sie gehören einer anderen oder keiner Konfession an? Dann entfallen für Sie die Kirchensteuerabzüge auf Ihre Rendite. Woher z. B. das Seedmatch-Startup Ihre Kirchenmitgliedschaft kennt, wie Sie der Übermittlung Ihrer Konfession widersprechen können und vieles mehr klären wir gemeinsam mit der Steuerkanzlei Dr. Schenk für Sie.

Wer sich das geballte Steuerwissen lieber anhören statt durchlesen möchte, findet alle wichtigen Keyfacts zur Abgeltungssteuer auch in unserem Startklar Wissensboost „Endgegner Steuererklärung: Was du als Investor*in beachten musst!„:

Allgemeines vorab

Grundsätzlich wird bei allen Kapitalerträgen wie bspw. Zinsen, Dividenden, Erträgen aus Investmentfonds oder partiarischen Nachrangdarlehen u. v. m. neben einer 25-prozentige Kapitalertragsteuer zzgl. 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag auch eine Kirchensteuer erhoben, sofern eine Kirchenzugehörigkeit zu der römisch-katholischen oder evangelischen Kirche in Deutschland vorliegt. Alle anderen Investoren sind von dieser Steuerpflicht befreit. Kirchenmitglieder, deren Kapitalerträge unter dem sogenannten Sparerpauschbetrag von 801 Euro (Ehepartner bis 1.602 Euro) liegen, sind von der Kirchensteuer ebenfalls ausgenommen.
Die Kirchensteuer wird von den Finanzämtern der jeweiligen Länder eingezogen. Seit 2015 wird diese Steuer automatisch von Banken, Emittenten oder anderen Abzugsverpflichteten einbehalten und an die Finanzämter (Betriebsstättenfinanzamt der Bank bzw. des Emittenten) abgeführt. Diese Finanzämter leiten die Kirchensteuer dann an die zuständigen Institutionen weiter. Einmal im Jahr wird daher durch den Schuldner der Kapitalerträge und Abzugsverpflichteten eine Abfrage der Kirchensteuerpflicht eines jeden Investors beim Bundeszentralamt für Steuern durchgeführt (sogenannte Regelanfrage) und anhand der dort gespeicherten Angaben die Kirchensteuer berechnet und einbehalten, oder eben nicht. Versehentlich falsche Angaben und fehlerhafte Abzüge können bzw. müssen auch hier mit der Steuererklärung korrigiert werden. Je nach Bundesland bezahlen Kirchenmitglieder 8 oder 9 Prozent (Bayern, Baden-Württemberg nur 8 Prozent, alle anderen Bundesländer 9 Prozent) auf die anfallenden Kapitalertragsteuern. Sollten Sie Ihren Hauptwohnsitz in ein anderes Bundesland verlegen – z. B. von Berlin nach Bayern lohnt sich schon aufgrund des veränderten Kirchensteuersatzes eine rechtzeitige Meldung Ihres neuen Wohnsitzes beim Emittenten.

Erfassung des Kirchensteuermerkmals

Einmal im Jahr verpflichtet der Gesetzgeber Banken, Emittenten und alle andere Kapitalertragsteuer-Abzugsverpflichteten unter ihren Kunden und Investoren eine Regelanfrage der Kirchenzugehörigkeit durchzuführen (KISTAM Kirchensteuerabzugsmerkmale). Davon bekommt der einzelne Investor oder Kunde im Normalfall nichts mit. Anhand der hinterlegten Steueridentifikationsnummer wird bei dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zwischen September und Oktober eine Abfrage des Kirchensteuermerkmals veranlasst (Regelanfrage). Zu Beginn eines Crowdinvesting-Projekts muss der Emittent sogar eine Anlassabfrage beim BZSt durchführen. Die jeweilige Kirchenzugehörigkeit wurde entweder bei Ihrer Taufe oder im Falle eines Kirchenaustrittes beim Standesamt oder Amtsgericht hinterlegt und zentral mit Ihrer Steueridentifikationsnummer verknüpft. Sieht man von einem behördlich bedingten zeitlichen Versatz ab, kennt das Bundeszentralamt für Steuern dadurch immer Ihre aktuelle Religionszugehörigkeit. Sie müssen nicht selbst beim Bundeszentralamt für Steuern aktiv werden, wenn sich bei Ihrer Konfession etwas ändert.

Kirchensteuermerkmal ändern

Die jeweilige Kirchenzugehörigkeit haben Sie selbst oder damals Ihre Eltern entweder bei Ihrer Taufe oder im Falle eines Kirchenaustrittes oder späteren Wiedereintritts direkt beim Standesamt oder Amtsgericht hinterlegt. Dieses Kirchensteuermerkmal wird zentral mit Ihrer Steueridentifikationsnummer verknüpft. Sieht man von einem behördlich bedingten zeitlichen Versatz ab, kennt das Bundeszentralamt für Steuern dadurch immer Ihre aktuelle Religionszugehörigkeit. Sie müssen nicht selbst beim Bundeszentralamt für Steuern aktiv werden, wenn sich bei Ihrer Konfession etwas ändert. Anhand der dort hinterlegten Daten wird bei allen Besteuerungen Ihrer Einkünfte entschieden, ob Sie eine Kirchensteuer abführen müssen oder nicht.
Sollte dennoch die Kirchensteuer fälschlicherweise abgezogen worden sein, bspw. weil die Information über Ihren Austritt verzögert beim Bundeszentralamt für Steuern hinterlegt wurde oder Sie nach der jährlichen Erfassung des Kirchensteuermerkmals aber noch vor der Zinszahlung Ihre Konfession gewechselt oder aufgegeben haben, können Sie im Rahmen Ihrer Steuererklärung Ihre Forderungen geltend machen. Sind Sie einer Kirche erstmals beigetreten und Ihr Kirchensteuermerkmal ist noch nicht erfasst worden, müssen Sie die Kirchensteuer nachzahlen, wenn Sie über Ihrem Sparerpauschbetrag liegen.

Erfassung des Kirchensteuermerkmals widersprechen

Sie möchten die Information über Ihre Kirchenzugehörigkeit nicht mit Banken oder Emittenten teilen? Dann können Sie beim Bundeszentralamt für Steuern der Übermittlung Ihres Kirchensteuermerkmals widersprechen. Dafür reichen Sie bei der Behörde einen sogenannten Sperrvermerk ein. An den kirchensteuerlichen Verpflichtungen ändert der Sperrvermerk jedoch nichts; es unterbleibt lediglich der Abzug direkt an der Quelle.
Achtung: Wenn Sie der Abfrage Ihres Kirchensteuermerkmals widersprechen, sind Sie automatisch zur Erstellung einer Steuererklärung verpflichtet! Das bedeutet auch, dass Sie grundsätzlich auf alle Einkünfte die Kirchensteuer zahlen müssen. Das betrifft auch Ihre Einkünfte aus Kapitalgeschäften, sofern diese über Ihrem Sparerfreibetrag liegen.

Inländische institutionelle Anleger
Sofern es sich bei Crowdinvesting-Anlegern um institutionelle Anleger in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft handelt, unterliegen Zinszahlungen nicht der Kirchensteuerpflicht, jedoch wird vom Emittenten für den Anleger Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag einbehalten und abgeführt.
Ausländische Investoren
Bei Zinszahlungen an ausländische Anleger (Privatpersonen oder Unternehmen) fällt beim Crowdinvesting ebenfalls keine Kirchensteuer an. In diesen Fällen entstehen jedoch Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag. Beides wird durch den Emittenten bei Zinszahlungen an den ausländischen Anleger einbehalten und an das für den Emittenten zuständige Finanzamt abgeführt.

Hinweis: Grundsätzlich soll dieser Steuerleitfaden für jeden Anleger (Crowdinvestor) und für jeden Emittenten zur Orientierung dienen. Die Autoren haben weitestgehend vermieden, die sonst üblichen komplizierten steuerlichen Begriffe zu verwenden und diese nach Möglichkeit verständlich umschrieben. Bei den vorstehenden Erläuterungen handelt es sich nicht um eine Steuerberatung. Naturgemäß kann für die Inhalte des Beitrags keine rechtliche Gewähr gegeben werden.

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