

Durchschnittlich 16 Prozent Rendite p. a. mit Investments in junge Unternehmen – diese Erfolgskennzahl verkündete Seedmatch vor wenigen Tagen im Rahmen der Veröffentlichung des Fundingindex, einer wissenschaftlichen Untersuchung zur Renditeerwartung beim Crowdinvesting. Damit liegt die ermittelte Rendite sogar noch um ein Prozent über der aus der ersten Auflage des Fundingindex im Jahr 2018. Anlass für uns, bei Seedmatch-Geschäftsführer Johannes Ranscht nachzufragen, wie es zu dieser Steigerung kam, wie sich Crowdinvesting gegenüber anderen Assetklassen schlägt und mit welcher Anlagestrategie Investoren am besten fahren.
Seedmatch: Hallo Johannes, vor einigen Tagen ist die Neuauflage des Seedmatch-Fundingindex erschienen. Worum geht es bei der Untersuchung?
Johannes Ranscht: Im Rahmen des Fundingindex haben wir erstmalig in Deutschland untersucht, welche Rendite Crowdinvestoren mit ihren Investments in Startups und Wachstumsunternehmen erzielen können. Crowdinvesting ist im Vergleich zu anderen Assetklassen eine relativ junge Form der Geldanlage – Seedmatch als Pionier ist im Jahr 2011 gestartet. Zudem ist die Renditeberechnung recht komplex. Da die jungen Unternehmen noch keine festen Zinsen aus ihrem Cashflow zahlen können, sind die Investoren auf verschiedene Art und Weise an der Unternehmensentwicklung beteiligt, etwa durch gewinnabhängige Bonuszinsen oder Bonuszinsen bei einem Exit, also wenn das Unternehmen verkauft wird. Aufgrund dieser Komplexität fällt es vielen Anlegern und auch der Wirtschafts- und Finanzpresse schwer, zu beurteilen, ob sich Crowdinvesting für Investoren tatsächlich auszahlt. Wir bei Seedmatch hingegen sehen jeden Tag, wie gut sich viele der über uns finanzierten Unternehmen entwickeln, und wollten daher den Beweis antreten, dass sich Crowdinvesting lohnt.
Seedmatch: Hast du mit deinem Team die methodische Vorgehensweise selbst entwickelt?
Johannes Ranscht: Nein, das waren nicht wir allein. Die methodische Vorgehensweise und die Berechnungen haben wir in enger Zusammenarbeit mit der Universität Oldenburg entwickelt. Das Projekt war im Jahr 2018, als wir die erste Auflage des Fundingindex veröffentlicht haben, Teil der Promotionsarbeit einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin der Universität. Uns war es wichtig, das Untersuchungsdesign gemeinsam mit einer wissenschaftlichen Institution basierend auf objektiven Kriterien zu entwickeln und so einen Blick von außen in die Studie zu integrieren. Für die Fortsetzung des Fundingindex in diesem Jahr haben wir mit der methodischen Vorgehensweise und den Rechenwegen, die gemeinsam mit der Universität Oldenburg entstanden sind, weitergearbeitet und lediglich die Datengrundlage um die Crowdinvesting-Kampagnen aus zwei weiteren Jahren ergänzt. Die Untersuchung bezieht nun alle 92 Kampagnen der Jahre 2011 bis 2016 ein und betrachtet, mit welcher Rendite ein fiktiver Anleger zum Stichtag 31.12.2019 rechnen konnte, wenn er all diese Fundings mit jeweils 250 Euro mitfinanziert hat.
Seedmatch: Zu welchem Ergebnis seid ihr in diesem Jahr gekommen?
Johannes Ranscht: Mit seinem Einsatz von insgesamt 23.000 Euro hätte unser fiktiver Investor einen Auszahlungsbetrag von 66.585,40 Euro erzielt, d. h. eine Nettorendite von 43.585,40 Euro erwirtschaftet. Das entspricht einem 2,9-fachen Multiple auf das Ursprungsinvestment bzw. einer Wertentwicklung des Portfolios von 190 Prozent. Um eine Vergleichbarkeit mit anderen Assetklassen, deren Rendite für gewöhnlich auf annualisierter Basis angegeben wird, zu ermöglichen, haben wir zudem die Rendite nach CAGR berechnet. Da die durchschnittliche Haltedauer der Investments sechs Jahre betrug, wurde dieser Zeitraum für die Renditeberechnung zugrunde gelegt. So ergibt sich eine Rendite von 16 % p. a.
Seedmatch: Gegenüber dem Jahr 2018 steigt die Rendite, die der fiktive Investor erzielt hat, also noch einmal um ca. 1 % p. a. Was sind die Ursachen dafür?
Johannes Ranscht: Dafür sehe ich in erster Linie eine Ursache. Junge Unternehmen benötigen immer erst einmal Zeit, um sich zu entwickeln. Verschiedene Studien zeigen, dass es im Durchschnitt drei bis fünf Jahre dauert, bis ein Startup profitabel ist. Bei der Fortsetzung unserer Untersuchung hatten gerade die Unternehmen aus den Anfangsjahren von Seedmatch also noch länger Zeit für ihre Unternehmensentwicklung – und das oftmals mit sehr positiven Ergebnissen. So sind in den Fundingindex 2020 z. B. insgesamt sieben Crowd-Exits eingegangen. Das bedeutet, dass die Verträge zwischen den Unternehmen und ihren Investoren geendet sind – entweder durch Kündigung nach Ablauf der Kündigungsfrist oder durch den Verkauf des Unternehmens. In beiden Fällen partizipiert der Investor entsprechend seines Anteils an der Steigerung des Unternehmenswerts. Ich denke da z. B. an Seeding Alliance, wo sich die Investoren 2019 über 1.600 Prozent Rendite freuen konnten, oder an erdbär, wo der Exit der Crowd ebenfalls ein zweistelliges Multiple aufs Ursprungsinvestment einbrachte. Zum Vergleich: In den Fundingindex 2018 ging lediglich ein Crowd-Exit ein.
Seedmatch: Wie schätzt du die Performance von Crowdinvesting gegenüber anderen Assetklassen ein?
Johannes Ranscht: Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich Crowdinvesting gegenüber anderen beliebten Assetklassen deutscher Privatanleger absolut behaupten kann. Durchschnittlich 16 % Rendite p. a. zu erzielen, ist mit Investments in Aktien oder ETFs zwar theoretisch möglich, dürfte für die meisten Anleger aber weit über dem liegen, was sie tatsächlich erreichen. Da muss man schon ein sehr glückliches Händchen bewiesen haben. Beim Crowdinvesting hingegen braucht man dafür nicht in erster Linie Glück, sondern muss lediglich in ein möglichst breites Portfolio an Unternehmen investieren. Durch komplett digitalisierte Prozesse und den vollständigen Verzicht auf renditeschmälernde Gebühren, Ausgabeaufschläge etc. ist dies auch tatsächlich möglich. Bei Aktieninvestments hingegen erreicht man ähnlich hohe Renditen über einen solch langen Zeitraum oft nur durch Trading und Markettiming, wodurch jedoch allerhand Nebenkosten des Investierens anfallen.
Seedmatch: In der Untersuchung wird davon ausgegangen, dass ein fiktiver Anleger alle Kampagnen der Jahre 2011 bis 2016 mit dem Mindestinvestment von 250 Euro mitfinanziert, in Summe also 23.000 Euro über Seedmatch investiert. Ist das tatsächlich ein realistisches Szenario?
Johannes Ranscht: 23.000 Euro hören sich erst einmal nach einer sehr hohen Summe an, aber auf sechs Jahre heruntergerechnet sind es knapp 320 Euro pro Monat. Das ist natürlich nicht wenig, aber ein Betrag, der für Normal- bis Gutverdiener durchaus möglich ist. Dass das keine Fiktion ist, zeigen unsere Statistiken: Auf Seedmatch gab es bis dato über 135 Finanzierungsrunden, und ein gewisser Anteil unserer Nutzer hat tatsächlich mittlerweile bereits über 100-mal auf Seedmatch investiert. Diese Investoren dürften unserer ermittelten Durchschnittsrendite von 16 % p. a. also sehr nahe kommen. Um Crowdinvesting für diese sehr aktiven Investoren noch unkomplizierter zu gestalten und auch insgesamt die Diversifikation weiter zu erleichtern, planen wir, zukünftig Investments per Sparplan anzubieten. Hierfür befinden wir uns gerade in der Auswahl eines Kooperationspartners.
Doch auch mit einer geringeren Anzahl Investments lässt sich diese Rendite durch kluge Diversifikation und einen guten Riecher bereits erreichen, wie das Beispiel unseres 83-jährigen Investors Bernhard Gößling zeigt, der mit zehn Investments im Jahr 2012 über einen Zeitraum von sieben Jahren eine durchschnittliche Rendite von 15 % p. a. erreicht hat.
Seedmatch: Trotz der beeindruckenden Bilanz, die Seedmatch jetzt veröffentlicht hat, steht Crowdinvesting in den Medien immer mal wieder in der Kritik. Woran liegt das deiner Meinung nach?
Johannes Ranscht: Ich denke, das liegt in erster Linie an zwei Dingen: Zum einen bevorzugen einige Medien Negativ-Schlagzeilen und Skandale, weshalb übers Crowdinvesting häufig vor allem dann berichtet wird, wenn ein crowdfinanziertes Unternehmen sein Geschäft aufgeben muss. Dabei sollte jedem Anleger bewusst sein, dass Crowdinvesting ein Hochrisiko-Investment ist. Bei uns finanzieren die Investoren junge Unternehmen mit innovativem Geschäftsmodell – es gibt also die Chance auf die große Disruption und damit einhergehend auf hohe Renditen, aber eben auch die Gefahr, dass sich das Produkt nicht auf Dauer am Markt behaupten kann. Auch wenn es im Einzelfall für die betroffenen Unternehmen und Investoren sehr bedauerlich ist, so sind Ausfälle also etwas, was man definitiv mit einkalkulieren sollte, wenn man sich an Crowdinvesting-Kampagnen beteiligt. Da aber die Renditeberechnung gerade bei Investmentmodellen ohne feste Verzinsung so komplex und daher schwer greifbar ist, fehlt den Medien meiner Meinung nach ein Kompass, um die Auswirkungen dieser Ausfälle einordnen zu können. Genau das leisten wir jetzt mit dem Fundingindex.
Seedmatch: Wie seid ihr bei der Renditeberechnung mit Ausfällen umgegangen?
Johannes Ranscht: Wir haben eine sehr konservative Herangehensweise gewählt: Sobald ein Unternehmen innerhalb unseres Untersuchungszeitraums, also bis zum 31.12.2019, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt hatte oder sich in Liquidation befand, haben wir das Unternehmen als Ausfall gewertet und mit einer Negativrendite, d. h. dem Totalverlust des Investments, in unsere Berechnungen eingepreist. In der Realität ist es jedoch häufiger auch so, dass bereits Zinsen geflossen sind, bevor es zu einer Insolvenz oder Liquidation kommt, oder dass im Zuge des Insolvenzprozesses Assets aufgetan und monetarisiert werden, wodurch die Crowdinvestoren zumindest einen Teil ihres Darlehens zurückerhalten. Das haben wir alles außen vor gelassen – Schönrechnerei kann uns also niemand vorwerfen.
Seedmatch: Was können Anleger tun, um sich vor Ausfällen zu schützen und ihre Rendite zu maximieren?
Johannes Ranscht: Wie bei allen Anlagemöglichkeiten sollte man auch beim Crowdinvesting nicht alles auf eine Karte setzen. Portfoliodiversifikation ist das oberste Gebot. Unsere Untersuchung zeigt es ja: Wer kleine Summen in eine Vielzahl von Unternehmen investiert und sich so ein breites Portfolio über verschiedene Branchen und Zielmärkte hinweg aufbaut, senkt sein Ausfallrisiko deutlich und maximiert sein Renditepotenzial. Ebenso wichtig ist es jedoch, dass jeder Investor seine eigene Due Diligence durchführt. Mit unseren strengen Auswahlprozessen tragen wir Sorge für gründlich geprüfte Investmentchancen – dennoch sollte sich jeder Investor die Unternehmen, in die er investieren möchte, vorab genau anschauen. Hierfür stellen wir auf der Plattform eine Vielzahl von Unterlagen, u. a. ausführliche Businesspläne und Einblicke in die Finanzkennzahlen, zur Verfügung. Meiner Erfahrung nach gibt es keinen Wettbewerber, der mehr Transparenz bietet. Wer Fragen hat, die über die Informationen auf der Plattform hinausgehen, kann diese zudem jederzeit in den Dialog- und Investor-Relations-Bereichen stellen. Mehr zum Thema Portfoliodiversifikation, Anlagestrategie und Due Diligence erfahren Anleger übrigens in unserer Seedmatch Academy.
Seedmatch: Nun gibt es den Fundingindex bereits in zweiter Auflage. Sind zukünftig weitere Studien geplant – und wagst du schon eine Prognose, wie sich die Renditekennzahlen entwickeln werden?
Johannes Ranscht: In jedem Fall wollen wir die Untersuchung in regelmäßigen Abständen fortsetzen und sukzessive weitere Fundings aus späteren Jahren integrieren. Über zukünftige Renditekennzahlen kann ich natürlich nur spekulieren, aber ich sage es mal so: Im Seedmatch-Portfolio schlummern noch so einige “Überflieger” mit sehr hohen Unternehmensbewertungen, die bisher aufgrund des Untersuchungszeitraums noch keinen oder nur marginalen Einfluss auf die Rendite nehmen konnten. Ich bin daher sehr optimistisch.
Seedmatch: Vielen Dank für das Interview, Johannes. Wir sind schon gespannt auf den nächsten Fundingindex!
Johannes Ranscht: Mein Dank gilt unseren Startups, die mit ihren innovativen Ideen viel gewagt und sich mutig dem Urteil der Crowd gestellt haben, sowie unseren Investoren, die diese jungen Unternehmen mit ihrem Kapital unterstützt haben! Ich freue mich, dass viele von ihnen gemeinsam Erfolge feiern konnten.
1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort
Sensationell. Weiter so. Ich freue mich auf die nächsten Investitionsmöglichkeiten.