Pacemo: „Wir erleben einen konkreten Wunsch der Branche nach Digitalisierung“

In Sachen Digitalisierung liegt Deutschland im europaweiten Vergleich nur noch auf dem vorletzten Platz, das geht aus dem Digital Riser Report des ECDC hervor. In diesem Punkt hat unser ansonsten so starkes Wirtschafstland doch noch viel Entwicklungspotenzial. Lichtblicke gibt es dennoch. Mittlerweile setzen immer mehr Branchen auf digitale Produkte, um ihre Prozesse zu optimieren. Auch unser neues Seedmatch-Funding hat sich dem digitalen Fortschritt verschrieben und setzt mit seiner Software auf eine doch sehr traditionsreiche Branche. Im Interview mit Pacemo-Gründer Timm Wienberg haben wir in Erfahrung gebracht, warum gerade in der Bestattungsbranche der Wunsch nach digitalen Lösungen wächst, welche Meilensteine Pacemo in diesem Jahr plant – und warum die persönliche Bindung zu den Bestattern so entscheidend ist. 

Seedmatch: Hallo Timm, herzlich willkommen zum Interview! Mit Pacemo habt ihr euch eher an eine doch ungewöhnliche Branche rangewagt. Woher kam die Idee, ausgerechnet eine Softwarelösung für Bestattungsunternehmen zu entwickeln?

Timm Wienberg: Wir sprechen immer wieder über Digitalisierung und seit ein paar Jahren auch über Künstliche Intelligenz. Aber es ist so, dass man drei Ereignisse im Leben nicht digitalisieren kann. Das ist die Geburt eines Kindes, die eigene Hochzeit und den Verlust eines nahestehenden Menschen. Man kann den Beruf eines Bestatters relativ gut mit der Tätigkeit eines Eventmanagers vergleichen. Beide haben die Aufgabe, ein unvergessliches und nicht wiederkehrendes Ereignis zu planen und umzusetzen. Dabei geht es bei einem Bestatter noch vielmehr um Emotionen, die Gefühle der Angehörigen und den Schmerz des Verlustes des Verstorbenen. So hat der Bestatter nicht nur die Aufgabe, einen schönen Rahmen für die Bestattung zu kreieren, sondern leistet zeitgleich Trauerarbeit und kümmert sich um den Verstorbenen.

Durch einen persönlichen Verlust haben mein Bruder und ich schon relativ früh Einblicke in die Arbeit eines Bestatters bekommen und durch mein persönliches Netzwerk habe ich selbst sehr viel Zeit in Bestattungshäusern verbracht. Dort habe ich hinter die Kulissen geschaut und mitgearbeitet – teilweise habe ich die Verstorbenen von der Abholung bis zu Einsargung begleitet. Während dieser Zeit lernte ich viel über die administrativen Prozesse bei Bestattungen und habe dadurch ein gutes Verständnis davon bekommen, wie der Arbeitstag eines Bestatters aussieht.

Daraus ist schließlich die Grundidee zu Pacemo gewachsen. Wir wollen Bestatter*innen ermöglichen, zeitgemäß und flexibler arbeiten zu können, ohne dabei das Gefühl zu haben, den Überblick oder die Kontrolle zu verlieren.

Seedmatch: Im Mittelpunkt sollen die Menschen stehen – ich denke, da stimmt jeder zu. Aber warum ist es für Bestattungsunternehmen so schwer, die Hinterbliebenen vollumfänglich auch emotional zu begleiten? Wo liegen hier die Hürden?

Timm Wienberg: Die größte Hürde liegt im Zusammenspiel zwischen der Zeit und den (bürokratischen) Tätigkeiten. Pro Todesfall bearbeiten Bestatter*innen rund 15 bis 20 Formulare und Dokumente, die für die Beisetzung nötig sind. Diese liegen oftmals nicht in digitaler Form vor, sodass sie händisch ausgefüllt, eingescannt und versendet werden müssen. Viele kleine Schritte kosten enorm viel Zeit, die den Bestattern schließlich an anderer Stelle fehlt – sei es in der Trauerbegleitung der Hinterbliebenen oder im eigenen privaten Leben. Darüber hinaus sind Bestatter meistens rund um die Uhr erreichbar und haben in der Nacht Bereitschaftsdienst.

Seedmatch: Und wie genau könnt ihr mit Pacemo nun dabei unterstützen, den Arbeitsalltag von Bestatterinnen und Bestattern effizienter zu gestalten?

Timm Wienberg: Mit Pacemo haben die Bestatter*innen die Möglichkeit, administrative Tätigkeiten durch die Digitalisierung zu erleichtern. Das beginnt bei der Verwaltung von verschiedenen Sterbefällen und geht bis zum Rechnungswesen, welches vereinfacht wird. Unsere Kunden können Pacemo unabhängig ihrer Mitarbeiterzahl nutzen. Auch das Dokumentenmanagement wird durch die Software vereinfacht, denn Dokumente und Vorlagen können erstellt, abgespeichert und verändert werden – und durch die automatische Datensicherung werden die Arbeitsprozesse mehrmals in der Sekunde gesichert. Die Bestatter finden alle Dokumente an einem Ort und können durch den mobilen Zugriff von überall auf diese zugreifen.

Seedmatch: Doch bei der reinen Software ist es nicht geblieben: Ihr bietet noch zwei weitere Module an, die für Bestattungsunternehmen und ihre Klienten essenziell sind.

Timm Wienberg: Wir haben uns die Prozesse der Bestatter natürlich genau angeschaut und gemeinsam mit unseren Kunden an weiteren Produkten gearbeitet. Ein wichtiger Bestandteil der Arbeit ist die Gestaltung von Traueranzeigen, das Setzen von Zeitungsanzeigen und der Versand von Einladungen zur Trauerfeier. Hier haben wir ein Modul entwickelt, das diesen Prozess digitalisiert und vereinfacht.

Der andere Part ist die der Beratung beim Hinterbliebenen zu Hause. Bisher sind Bestatter mit umfangreichen Mappen zu den Hinterbliebenen nach Hause gefahren und haben dort Ihre Produkte präsentiert. Särge, Urnen, Blumengesteck oder die Dekoration der Trauerfeier waren aus vollumfänglichen Mappen auswählbar. Mit unserem Erweiterungsmodul kann es mit einem Tablet digitalisiert und so vereinfacht werden. In der Erweiterung werden wir die Synchronisation und Zusammenarbeit mit unserem Kernsystem herstellen, umso die Aufnahme von Sterbefällen beim Hinterbliebenen zu erleichtern.

Seedmatch: Bis jetzt konntet ihr bereits 140 Bestattungsunternehmen für euch gewinnen. Wie habt ihr das geschafft, in diesem doch sicherlich schwer zugänglichen B2B-Markt Fuß zu fassen?

Timm Wienberg: Zum einen ist es das persönliche Netzwerk. Außerdem haben wir ein starkes Vertriebsteam, dass sich sowohl um die Pflege der Bestandskunden kümmert, aber gleichzeitig auch potenzielle neue Kunden durch Gespräche und Demo-Präsentationen akquiriert.

Wir sind gut im Vertrieb aufgestellt und viel mit potenziellen Kunden im Gespräch. Darüber hinaus sind wir auf den branchenrelevanten Messen vertreten und auch innerhalb der Branche gut vernetzt. Insgesamt erleben wir einen konkreten Wunsch der Branche nach Digitalisierung, daher können wir uns über einen deutlich zunehmenden organischen Zulauf freuen, was unser Wachstum natürlich erleichtert.

Seedmatch: Kannst du uns generell noch etwas mehr zum Markt erzählen? Wie steht Pacemo im Vergleich zum Wettbewerb da und wie groß ist das Potenzial an potenziellen Kunden?

Timm Wienberg: Wir haben den entscheidenden Vorteil, dass Pacemo komplett cloudbasiert arbeitet. Das heißt, dass auf der einen Seite keine feste Installation benötigt wird und zum anderen werden Software-Updates ausschließlich online und fast täglich vorgenommen. Die Bestatter*innen arbeiten also immer mit der aktuellsten Version und müssen sich keinerlei Gedanken um Aktualisierungen machen. Außerdem kann Pacemo unabhängig des Betriebssystems verwendet werden, was die Verwendung auf mobilen Endgeräten erleichtert. Wenn wir uns andere Softwarelösungen für die Bestatterbranche anschauen, dann sehen wir Programme, die nicht unbedingt den modernen Arbeitsstil widerspiegeln. Durch unsere Webanwendung schaffen wir es, dass ein ganzes Unternehmen jederzeit und unabhängig des Mitarbeiters auf die aktuellen Sterbefälle und die damit verbundenen Prozesse blicken kann.

Immer mehr Bestattungsunternehmen in Deutschland arbeiten mit mobilen Endgeräten und sind daher auf eine zeitgemäße Software-Lösung angewiesen, mit der sie ihr Unternehmensprozesse verwalten und abwickeln können. Das Potenzial für die Bestatter ist riesig, denn wir schaffen es, dass die Bestatterbranche auf eine moderne Arbeitsgrundlage zurückgreifen kann. Die Zeit ist mittlerweile so weit fortgeschritten, dass die Digitalisierung dieser traditionsreichen Branche nötig ist. Besonders die vergangenen Jahre haben uns gezeigt, dass es für die Bestatter wichtiger denn je ist, zeit- und ortsunabhängig arbeiten zu können.

Bei 5.500 Bestattungsunternehmen im deutschsprachigen Raum, arbeiten noch etwa 60 % ohne Softwarelösung. Darüber hinaus sehen wir Potenzial in der Ablösung von veralteten Bestandssystemen.

Seedmatch: Welche Meilensteine wollt ihr in diesem Jahr erreichen?

Timm Wienberg: Der erste Meilenstein ist natürlich die Crowdinvesting-Kampagne, die für uns ein großes Ziel in 2022 darstellt. Im Verlauf des Jahres möchten wir unseren Kundenstamm im deutschsprachigen Raum auf ca. 200 Kunden deutlich ausbauen und weitere Module an die Bestattersoftware anbinden, dazu gehören auch Schnittstellen zu Kooperationspartnern und Erweiterungsmodule wie Warenwirtschaft und Zeiterfassung.

Seedmatch: Wie sieht das Erlösmodell von Pacemo aus?

Timm Wienberg: Unsere Pacemo-Nutzer zahlen einen festen Betrag pro angelegten Sterbefall und eine Einrichtungsgebühr, die sich nach der Unternehmensgröße und dem Umfang der Einrichtung, Import von Altdaten, Layoutanpassungen und Schulungen richtet. Bei einem Unternehmen mit fünf Mitarbeitern und 250 Sterbefällen pro Jahr berechnen wir beispielsweise 198 Euro als monatlichen Beitrag und ca. 1.500 Euro für die Ersteinrichtung und das Onboarding, sodass wir bei ca. 2.400 Euro im Jahr plus einmaliger Einrichtungskosten liegen.

Seedmatch: Softwareprodukte sind in der Regel recht gut skalierbar – und auch Adaptionen in andere Bereiche sind keine Seltenheit. Kannst du dir vorstellen, Pacemo auch auf andere Branchen auszuweiten?

Timm Wienberg: Das will ich nicht ausschließen, jedoch habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass Software sich nicht einfach mal schnell kopieren lässt und „schwupps“ erobert man eine neue Branche. In anderen Bereichen braucht es ebenfalls ein gutes Nutzerverständnis und eine Adaption auf die Kundenbedürfnisse. Wir sind in der Bestattungsbranche recht weit, daher wollen wir uns erst einmal auf diese konzentrieren.

Uns schweben zum einen noch viele Erweiterungsmodule vor, die dem Bestatter eine Unterstützung sein können, dann gibt es auch noch den europäischen Raum, den wir mit Pacemo erreichen möchten. Daher steht eine andere Branche für uns derzeit nicht im Raum.

Seedmatch: Wofür möchtet ihr das über Seedmatch akquirierte Kapital einsetzen?

Timm Wienberg: Wir möchten das akquirierte Kapital vorrangig für die Produktentwicklung einsetzen, mit der wir noch mehr Kunden das Leben erleichtern möchten. Also stehen bei uns weiterhin das Produkt und der Kunde im Vordergrund. Vordergründig geht es um die Vertiefung unseres Produktes und die Erweiterung durch Module wie z. B. Warenwirtschaft und Zeiterfassung. Aber auch Schnittstellen zu Factoringanbietern und eine DATEV-Anbindung sind für uns wichtige Features.

Seedmatch: Bitte fasse zum Schluss noch einmal zusammen, warum sich unsere Investoren die Gelegenheit, in Pacemo zu investieren, nicht entgehen lassen sollten.

Timm Wienberg: Eine Investition in Pacemo fördert die Modernisierung einer klassischen, traditionsreichen und grundsoliden Branche. Die Digitalisierung ist auf dem Vormarsch und auch wenn sich der Tod nicht digitalisieren lässt, sorgen wir mit Pacemo dafür, dass die Hauptakteure der Bestattungsbranche mit einer Arbeitserleichterung zuverlässig arbeiten können. Wir haben eine der ersten cloudbasierten Softwares für die Bestattungsbranche aufgebaut und jetzt ist es wichtig, nicht stehen zu bleiben, sondern mit den aktuellen Bedürfnissen der Branche zu gehen. Mit einer Beteiligung kann jeder Investor Teil dieser Modernisierung sein.

Seedmatch: Lieber Timm, vielen Dank für das Interview. Wir wünschen euch ein erfolgreiches Funding!

Timm Wienberg: Danke euch für den Austausch und wir freuen uns auf das gemeinsame Funding.

 

Warnhinweis: Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen. Der in Aussicht gestellte Ertrag ist nicht gewährleistet und kann auch niedriger ausfallen.

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