

Crowdinvesting bietet Investoren eine Möglichkeit der Geldanlage und der Beteiligung an jungen Unternehmen, die früher nur Venture Capitalists und Business Angels vorbehalten war. Den Charme der Anlageklasse macht es aus, dass sich jeder Investor sein Portfolio individuell zusammenstellt, gemeinsam mit “seinen” Unternehmen Erfolge feiert und von einer positiven Unternehmensentwicklung profitiert. Doch trotz all dieser Vorteile steht das Investmentmodell immer mal wieder in der Kritik – häufig dann, wenn ein schwarmfinanziertes Startup sein Geschäft aufgeben muss. Sind die Negativ-Schlagzeilen tatsächlich ein Indikator dafür, dass sich Crowdinvesting für Anleger nicht auszahlt?
Um erste Antworten auf diese Frage zu liefern, hatte Seedmatch bereits im Jahr 2018 nach wissenschaftlichen Kriterien und in enger Zusammenarbeit mit der Universität Oldenburg untersucht, ob sich das Crowdinvesting in die Seedmatch-Unternehmen gelohnt hat. Nun, zwei Jahre später, haben wir die Untersuchung fortgesetzt, sind erneut der gemeinsam mit der Universität Oldenburg entwickelten Methodik gefolgt und haben die Renditeentwicklung bis zum Ende des Jahres 2019 analysiert. Das Ergebnis fällt sogar noch positiver aus als in der letzten Auflage des Fundingindex: Wer dem Gebot der Diversifikation folgte, in jedes Funding zwischen 2011 und 2016 die gleiche Summe investierte und somit ein breites Portfolio aufbauen konnte, durfte sich in den vergangenen Jahren über 16 % Rendite p. a. nach CAGR (Compound Annual Growth Rate) freuen.
So funktioniert der Index: die Grundannahmen der Untersuchung
Folgende Annahmen leiteten die Untersuchung: Junge Unternehmen benötigen Zeit, um sich zu entwickeln – im Schnitt erreichen sie erst vier bis sechs Jahre nach Gründung wirtschaftliche Stabilität und treten in die Wachstumsphase ein. Aufgrund dessen haben wir für die Untersuchung die über Seedmatch finanzierten Unternehmen der Jahre 2011 bis 2016 betrachtet. Diversifizierung ist das oberste Gebot einer Geldanlage: Daher wurde ein Investment in gleicher Höhe in jede Kampagne im Untersuchungszeitraum – in unserem Beispiel der Mindestinvestmentbetrag bei Seedmatch in Höhe von 250 Euro – vorausgesetzt. Für die Berechnung der Rendite wurde ein konservatives Szenario angenommen: Jede eingetretene Insolvenz sowie jedes laufende Insolvenzverfahren zum Stichtag 31.12.2019 wurde als Ausfall mit einer Negativrendite eingepreist – selbst wenn Teilbeträge des Investments an die Kleinanleger erstattet wurden, es vorab ein Rückkaufangebot gab oder der Ausgang der Krise zum Zeitpunkt der Betrachtung noch offen war. Weiterhin blieben in der Betrachtung bis auf jene Ausfälle sowie die Exitereignisse alle Verträge zwischen Unternehmen und Investor bestehen – selbst wenn real ein Rückkaufangebot unterbreitet wurde. Ebenfalls wurde angenommen, dass alle Verträge zum Stichtag 31.12.2019 gekündigt werden.
In die Untersuchung einbezogen wurden lediglich die Kampagnen mit der Investmentform Seed Investment. Seit 2016 bietet Seedmatch zudem die festverzinste Investmentform Venture Debt an. Diese ist nicht Gegenstand der Untersuchung, da sie durch eine vorab definierte Renditeerwartung gekennzeichnet ist.
Das Ergebnis: 16 Prozent jährliche Rendite mit Crowdinvesting bei Seedmatch
In den Jahren 2011 bis 2016 wurden, basierend auf diesen methodischen Grundannahmen, Investments in Höhe von zusammengenommen 23.000 Euro in 92 Finanzierungsrunden (79 Unternehmen) vorausgesetzt. Zum 31.12.2019 wurde von jenen Unternehmen, die nicht als Ausfall gewertet wurden, das Darlehen zurückgezahlt. Zusätzlich zum Darlehen wirkten die gewinnabhängigen Bonuszinsen, die Bonuszinsen nach Kündigung/Exit sowie die endfällige ertragsunabhängige Basisverzinsung von 1 % p. a. auf die Rendite ein.
Den insgesamt eingesetzten 23.000 Euro steht ein Auszahlungsbetrag von 66.585,40 Euro im Jahr 2019 gegenüber, der fiktive Investor hat also eine Netto-Rendite von 43.585,40 Euro erzielt. Die Wertentwicklung des Portfolios im Lauf des Betrachtungszeitraums betrug daher 190 %. Um eine Vergleichbarkeit mit anderen Assetklassen, deren Rendite für gewöhnlich auf annualisierter Basis angegeben wird, zu ermöglichen, wurde zudem die Rendite nach CAGR berechnet. Da die durchschnittliche Haltedauer der Investments sechs Jahre betrug, wurde dieser Zeitraum für die Renditeberechnung zugrunde gelegt. Es ergibt sich eine Rendite von 16 % p. a.
Damit liegt die ermittelte Rendite nochmals um ein Prozent höher als jene aus dem Seedmatch Fundingindex 2018, für den die Entwicklung der Fundingunternehmen aus den Jahren 2011 bis 2014 bis zum Stichtag 31.12.2017 betrachtet wurde. Der Anstieg liegt u. a. darin begründet, dass die Unternehmen im aktuellen Index noch einmal zwei Jahre länger Zeit hatten, um sich zu entwickeln – oftmals mit überaus positiven Konsequenzen. So gingen z. B. sieben erfolgreich realisierte Crowd-Exits in den Index 2020 ein (vgl. Index 2018: ein Crowd-Exit).
Fazit der Untersuchung: Crowdinvesting zahlt sich für Anleger aus
Das Resümee fällt eindeutig aus: Crowdinvesting hat sich für unseren fiktiven Anleger gelohnt – die erzielte Rendite von 16 % p. a. kann sich mit anderen beliebten Assetklassen deutscher Privatanleger messen oder übertrifft diese sogar deutlich. Zudem fallen beim Crowdinvesting im Gegensatz zu vielen anderen Anlageformen keine Nebenkosten des Investierens an.
Doch nicht nur die Investoren haben finanziell profitiert: Mit ihren Investments in Höhe von insgesamt 28,3 Mio. Euro in den Jahren 2011 bis 2016 hat die Seedmatch-Crowd dazu beigetragen, dass die Fundingunternehmen dieser Jahre in 2019 insgesamt Umsätze in Höhe von 734,7 Mio. Euro erzielen konnten. Das entspricht einem Anteil von 0,02 % am deutschen Bruttoinlandsprodukt 2019. Im Durchschnitt erzielte jedes Fundingunternehmen in jenem Jahr einen Umsatz von 9,3 Mio. Euro – deutlich mehr als der durchschnittliche BIP-Zuwachs, der Studien zufolge insgesamt durch eine Unternehmensgründung erzielt wird (940.000 Euro). Mithilfe des über Seedmatch investierten Kapitals sind zahlreiche Arbeitsplätze entstanden, innovative Produkte und Geschäftsideen konnten am Markt etabliert sowie der Gründungsstandort Deutschland gestärkt werden. Dafür gebührt allen Investoren unser herzlicher Dank! Gemeinsam wollen wir diese Erfolgsgeschichte fortschreiben – und in zukünftigen Auflagen des Fundingindex regelmäßig auswerten.
4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Verstehe ich es richtig? Der durchschnittliche Investor bei SM investiert nur 2,3 mal (Seite 5 der Studie)? D.h. er investiert nur in 2,3 Projekte? Wenn man das weiterdenkt (Statistik, 11. Klasse) , würde es bedeuten, dass über 90% auf SM KEINE Gewinne erzielen. Wieviel % Ihrer Investoren sind denn nach 5 Jahren in der Gewinnzone?
Hallo Herr Arold,
Sie verstehen richtig, dass die Investoren, die in den Jahren 2011 bis 2016 auf Seedmatch investiert haben (nur um diesen Zeitraum geht es im Fundingindex 2020), im Durchschnitt 2,3 mal investiert haben, d. h. in 2,3 Projekte. Da sich die Zahl nur auf diesen Zeitraum bezieht, Investoren aber in der Regel über mehrere Jahre aktiv bei Seedmatch bleiben, werden viele von ihnen auch in den Jahren nach 2016 weiter investiert haben, so dass die Anzahl durchschnittlicher Investments – bis heute gerechnet – de facto deutlich höher liegen dürfte.
Ihre Schlussfolgerung auf den Prozentsatz der Investoren, die bei Seedmatch Gewinne erzielen, lässt diverse Aspekte außer Acht, die sich selbstverständlich aber auch nicht ohne Weiteres über den Daumen peilen lassen. Zum einen betrachten wir in der Untersuchung die Entwicklung der Fundings aus den Jahren 2011 bis 2016 bis zum Ende des Jahres 2019. Je nach Fundingzeitpunkt hatten diverse Unternehmen also nur rund drei Jahre Zeit, um sich nach der Finanzierung zu entwickeln, andere hingegen länger. Da Startups laut diverser Studien durchschnittlich 3 – 5 Jahre benötigen, um Gewinne zu erwirtschaften, sind also bei vielen Unternehmen noch Gewinne zu erwarten, die in der Studie bisher nicht berücksichtigt werden konnten. Zudem haben in der Realität auch bereits Investoren z. B. Rückkaufangebote angenommen, die in der Studie nicht berücksichtigt wurden, oder von Unternehmen, die später Insolvenz anmelden mussten, vorher Bonuszinszahlungen erhalten (ebenfalls in der Studie nicht berücksichtigt, in die wir Insolvenzen als Totalausfall eingepreist haben). Die Materie ist also deutlich komplexer und es ist eine Herausforderung, eine Methodik zu entwickeln, die trotz dieser Sonderfälle zu möglichst allgemeingültigen, aussagekräftigen Ergebnissen kommt.
Im Sinne der Portfoliodiversifikation wäre es für Investoren zweifelsohne empfehlenswert, lieber in mehr verschiedene Startups zu investieren und dafür die Investmenthöhe auf das Mindestinvestment von 250 Euro zu beschränken, statt real im Durchschnitt über 1.000 Euro pro Projekt zu investieren. Dies zu kommunizieren, ist uns ein wichtiges Anliegen, weswegen wir es auch im Fundingindex und der begleitenden Kommunikation immer wieder propagieren.
Eine Aussage dazu, wie viel Prozent der Investoren nach 5 Jahren Gewinne erwirtschaftet haben, können wir leider nicht treffen. Dies auf individueller Ebene auszuwerten, wäre extrem kompliziert und aufwändig. Zunächst einmal wäre zu klären, auf was sich der Fünf-Jahres-Zeitraum beziehen soll? Auf das erste Investment? Wie bereits oben geschrieben, investieren viele Nutzer über einen längeren Zeitraum, so dass manche Investments erst Jahre nach dem Erstinvestment stattfinden und die Unternehmen entsprechend weniger Zeit haben, um sich zu entwickeln. Zudem kommt es immer darauf an, ob Investoren ihr Kündigungsrecht nach 5 Jahren nutzen oder weiter investiert bleiben, ob sie Rückkaufangebote annehmen oder nicht etc. Wir bitten daher um Ihr Verständnis, dass wir auf dieser individuellen Ebene keine Aussagen treffen können.
Viele Grüße,
Kirsten Petzold
Hallo Fr. Petzold,
es wäre schon möglich zu einer differenzierteren Aussage zu gelangen. Ihr Mitbewerber Seedrs macht das hier vor: https://learn-cdn.seedrs.com/wp-content/uploads/2018/09/21134223/Seedrs_-PortfolioUpdate_Autumn2018.pdf
Es werden zB auch Standardabweichungen angegeben. (Aussage eines Mittelwertes wie „16% Rendite“ ist ohne Angabe einer Standardabweichung übrigens wertlos. Das sollte die Doktorantin, die die Arbeit verfasst hat eigentlich wissen. Das ist so, als würden Sie sagen „In Deutschland beträgt die Temperatur im Schnitt 10 Grad“. Wenn ich aber weiss, sie wird mit 90% Wahrscheinlichkeit zwischen 0 und 30 Grad schwanken, kann ich zumindest die Entscheidung treffen, mir eine dickere Jacke zuzulegen).
Hallo Herr Arold,
vielen Dank für Ihre Hinweise zu unserem Fundingindex. Gern werden wir diese bei der nächsten Neuauflage des Index noch einmal näher betrachten und prüfen, ob und wie sie sich umsetzen lassen. Sie haben Recht, dass die Angabe einer Standardabweichung für den Leser sehr hilfreich und darüber hinaus auch nicht besonders aufwendig ist. Da kann ich mir gut vorstellen, dass wir das zukünftig umsetzen können. Was die Angabe der Renditen auf individueller Ebene (also für jeden realen Investor) angeht, so ist dies natürlich theoretisch möglich. Meine Aussage war nur, dass es sehr kompliziert und aufwendig ist und daher vermutlich leider die Ressourcen übersteigt, die wir für die Erstellung einer solchen Studie zur Verfügung haben. Sehr gern schauen wir uns aber die Herangehensweise der Kollegen von Seedrs noch einmal genauer an.
Viele Grüße,
Kirsten Petzold