gigmit: „Trotz Corona ging es für uns schneller aufwärts als je zuvor”

Im Jahr 2019 konnte gigmit – die Matchmaking-Plattform für Musiker und Veranstalter, die das Künstlerbooking radikal vereinfacht – in einer ersten Finanzierungsrunde über 500.000 Euro von der Seedmatch-Crowd einsammeln. Das Unternehmen sah sich gut gerüstet für die weitere Skalierung. Dann jedoch kam die Corona-Pandemie und alle Live-Konzerte mussten abgesagt werden. Eine große Herausforderung für gigmit, auf die das Unternehmen jedoch schnell und erfolgreich reagiert hat. Dank einer Erweiterung seines Geschäftsmodells konnte gigmit gestärkt aus der Krise hervorgehen und Nutzerzahlen sowie Umsatz deutlich steigern. Anlässlich des Starts der zweiten Seedmatch-Kampagne sprachen wir mit gigmit-CEO Marcus Fitzgerald darüber, wie diese starke Antwort auf die Krise gelungen ist, welche Rolle digitale Events mittlerweile für das Geschäftsmodell spielen und wie gigmit dank der Hilfe der Crowd weiter wachsen will.

Seedmatch: Hallo Marcus, herzlich willkommen zurück bei Seedmatch. Knapp zwei Jahre sind seit dem Start eures ersten Fundings bei uns vergangen, bei dem ihr 505.000 Euro von der Crowd eingesammelt habt. Wie ist es euch seitdem ergangen?

Marcus Fitzgerald: Ich möchte voranstellen, dass wir jedem einzelnen Investor, der uns vertraut hat, unglaublich dankbar sind. Wir ziehen im gesamten Team viel Motivation aus so vielen Investoren, die uns den Rücken stärken. Seit dem ersten Crowdinvesting war es wie eine Achterbahnfahrt: Zunächst konnten wir schnell wachsen, dann kam Corona und hat uns erst einmal sondieren lassen, wie es weitergeht. Wir haben schnell das Potential von Live-Streaming erkannt und in Kooperation mit Festivals und Plattformen darauf gesetzt, Künstler für digitale Events zu vermitteln, und schon ging es wieder aufwärts – schneller als je zuvor! Nun haben wir den Break-even erreicht, können aber aus eigenen Kräften nur noch langsam und organisch wachsen. Daher ist jetzt der ideale Zeitpunkt für das zweite Crowdinvesting.

Seedmatch: Mit dem eingeworbenen Kapital hattet ihr euch ambitionierte Ziele gesetzt. Bereits vor dem letzten Funding habt ihr den Künstlerbooking-Prozess für Musiker und Veranstalter, der sonst oft ein endloses E-Mail-Hin-und-Her war, radikal vereinfacht. Doch nach dem Funding sollte gigmit noch einfacher und intuitiver nutzbar werden. Welche Verbesserungen habt ihr seitdem an der Plattform vorgenommen?

Marcus Fitzgerald: Wir haben natürlich unseren Vorsprung ausgebaut und sind international gewachsen. Viel wichtiger ist aber, dass uns ein großer Schritt gelungen ist, indem wir Data Analytics der Fan- und Streamingdaten mit unseren Künstlerprofilen verbinden. In Zukunft werden Veranstalter zur Einschätzung des wirtschaftlichen Potentials eines Konzerts gigmit konsultieren und das macht uns stolz. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich das neue Feature bei einem Branchenevent für Osteuropa in Slowenien präsentierte: Prall gefüllter Raum, staunende Gesichter und am Schluss ein Applaus, bei dem ich mich selbst kurz wie ein Rockstar gefühlt habe.

Außerdem haben wir unsere Plattform in allen Kernbereichen mobil optimiert. Das war natürlich längst überfällig und wir sind froh, dass wir nun ca. 80 % der Plattform mobil nutzbar gemacht haben. Für unsere Künstler sicher eines der wichtigsten Features: der Ausbau der Festival- und Venue-Database auf 30.000 Kontakte. Das ist zehnmal so viel wie vor dem ersten Seedmatch-Funding und ein wichtiger Schritt zu unserem Ziel, die größte Festival- und Venue-Datenbank der Welt zu werden.

Seedmatch: Datengetriebenes Booking steht bei euch weit oben auf der Agenda. Welche Daten nutzt ihr konkret und wie hat sich der Buchungsprozess auf gigmit dadurch verändert?

Marcus Fitzgerald: Wir bauen den Buchungsprozess Stück für Stück um, um unseren Nutzern nahezu automatisch die passenden Künstler zu liefern. Mit den Fan Charts können Veranstalter bereits jetzt einfach ihre Stadt auswählen und sehen, welche Künstler lokal die meisten Fans und Follower haben. Der nächste Schritt geht in die Richtung, dass Veranstalter nur noch ihr generelles Suchprofil (z. B. an welchen Genres sie interessiert sind) angeben und wir machen den Rest, d. h. wir liefern ihnen die erfolgreichsten Künstler ihrer Stadt und ihres Genres direkt in ihre Inbox. Das Gute: Auch Künstler müssen dann nicht mehr viel machen! Damit entwickelt sich gigmit in unserer Branche hin zu einer der modernsten Plattformen, die man sich vorstellen kann.

Seedmatch: Wie haben sich eure Nutzerzahlen sowie die Anzahl der über euch vermittelten Konzerte seit Mai 2019 entwickelt?

Marcus Fitzgerald: Wir haben unsere Nutzerzahlen mehr als verdoppelt und damit unsere Ziele erreicht. Die Anzahl der vermittelten Auftritte ist leider Corona-bedingt nicht gewachsen, aber ich bin froh, sagen zu können, dass wir in 2020 ca. 5.000 digitale Gig-Angebote vermittelt haben. Damit haben wir vielen tausend Künstlern in dieser schwierigen Zeit eine Alternative zum Live-Geschäft anbieten können. In Zukunft rechne ich mit einem rasanten Wachstum in Bezug auf die Anzahl der vermittelten Auftritte, weil wir uns sowohl digitaler als auch physischer Events bedienen können.

Seedmatch: Wenn ich das einmal zusammenfasse, dann waren eurerseits alle Vorbereitungen getroffen, um gigmit richtig stark zu skalieren – und dann begann im März 2020 die Corona-Krise und damit eine äußerst schwierige Zeit für ein Unternehmen, dessen Geschäftsmodell auf der Vermittlung von Live-Konzerten basiert. Erinnerst du dich noch, wie du den Anfang der Corona-Pandemie erlebt hast und welche Gedanken dir durch den Kopf gingen?

Marcus Fitzgerald: Ich war geschockt. Als die ersten Nachrichten aus China kamen, dachte ich noch, dass es wie beim letzten SARS-Virus sicher nicht so schlimm wird. Aber als dann plötzlich alle Veranstaltungen verboten wurden und ich mich zu Hause auf meiner Couch wiedergefunden habe, war klar: Das wird unser Business so massiv beeinflussen wie nichts anderes zuvor. Nun muss ich aber eines sagen: Als Existenzgründer in einem dynamischen Marktumfeld sind Anpassung, Umstellung und Neuausrichtung gewissermaßen geübt und gelebt. Binnen kürzester Zeit, in der ersten Woche des Lockdowns, hat mein Team mir klar gemacht: Wir haben jetzt die Chance, auf digitale Angebote umzustellen. Eine Chance – kein Problem. Ich habe auf mein Team gehört und wir haben losgelegt, Kooperationen mit Anbietern digitaler Events – den neuen Veranstaltern – zu schmieden. Retrospektiv kann ich sagen, hätten wir das nicht gemacht, wäre unser Jahr sicher nicht von diesen tollen und motivierenden Zahlen geprägt worden.

Seedmatch: Wie habt ihr als Unternehmen auf die Pandemie und ihre Herausforderungen für euer Geschäftsmodell reagiert? Welche Maßnahmen wurden als erstes ergriffen?

Marcus Fitzgerald: Die gute Nachricht: Wir können Homeoffice und sind bereits eine Woche vor dem offiziellen Start des Lockdowns freiwillig ins Homeoffice gegangen. Aus dem Homeoffice heraus haben wir richtig viel Content erstellt: Einen Covid-Rescue-Guide für unsere User und einen Livestreaming-Guide, der ihnen zeigt, wie sie in den kommenden Monaten trotzdem weiter machen können. Das hat eingeschlagen. Unser Produkt schläft natürlich auch nicht – wir sind dran geblieben und haben uns vorgenommen, unsere Features fertigzustellen. Sicher mit etwas anderer Prioritätensetzung, aber wir haben vor allem das Mindset aufrechterhalten: Wir lassen uns nicht unterkriegen und wir helfen unseren Usern, so gut es geht.

Seedmatch: Neben Live-Konzerten setzt ihr nun verstärkt auf digitale Events, die seit Corona wie Pilze aus dem Boden sprießen. Welche Rolle spielen diese Events derzeit für Künstler und Veranstalter – und natürlich für eure Umsätze?

Marcus Fitzgerald: Digitale Events sind ja nichts Neues, aber Corona wirkte hier wie ein Brennglas oder Accelerator. Alle müssen das nun machen bzw. können. Man muss sagen, dass der Anfang gewiss nicht einfach war, aber nun viele Künstler auch wirtschaftlich gestärkt aus den digitalen Events hervorgehen. Nick Cave hat 30.000 Karten für sein virtuelles Event verkauft, Billie Eilish natürlich noch mehr. In jeder Größenordnung kann man hier bereits jetzt ein Geschäft machen. Da unser Geschäftsmodell (zum Glück) nicht an den Gagen hängt, sondern mit Abo-Erlösen recht stabil und krisensicher funktioniert, ist es uns vor allem wichtig, unseren Usern ein Einkommen zu verschaffen. Hier ersetzen digitale Events (noch) nicht die physischen Konzerte, aber gleichzeitig ermöglichen sie es, international präsenter zu sein, ohne überallhin zu reisen. Sie bedeuten zudem mehr Einkommen in Zukunft – all das stabilisiert uns und hilft uns beim Wachsen.

Seedmatch: Nun wünschen wir uns alle sehnlichst das Ende der Corona-Pandemie herbei. Wie wird es deiner Meinung nach anschließend weitergehen – werden digitale Events eine große Bedeutung behalten oder wird sich euer Geschäft wieder verstärkt hin zu Live-Events verlagern?

Marcus Fitzgerald: Digitale Events sind gekommen, um zu bleiben. Sicher werden die Zahlen unmittelbar etwas zurückgehen, aber langfristig weiter wachsen. Warum? Weil die Künstler und Managements nun vieles erprobt haben und weil ein Künstler nicht auf der ganzen Welt zur gleichen Zeit sein kann. Damit werden digitale Events vor allem für jene spannend, die den Künstler vorerst nicht in die eigene Stadt oder das eigene Land bekommen. Ich denke auch, hybride Events werden der neue Standard und damit gibt es viel auch digital zu bearbeiten. Für uns bedeutet das, auch auf diese Situation einzugehen und unseren Usern mit Features und Content unter die Arme zu greifen, um ihnen letztendlich mehr Geschäft zu ermöglichen.

Seedmatch: Neben den Einnahmen, die ihr aus eurem Freemium-Modell für Künstler erzielt, spielen mittlerweile Werbekunden als weitere Säule eures Geschäfts eine wichtige Rolle. Welchen Anteil an euren Umsätzen haben sie inzwischen – und kannst du ein Beispiel für eine besonders erfolgreiche Kundenkampagne nennen?

Marcus Fitzgerald: Das stimmt. Ca. 15 % unseres Umsatzes kommt aus Werbung und Brand Partnerships, die wir unter dem Label “gigmit for brands” anbieten. Hier haben wir uns einen richtig guten Kundenstamm aufgebaut, der von Sennheiser über Shure und Yamaha bis hin zu CASIO und fritz-kola reicht. Wir haben in 2020 über 50 Aufträge realisiert – eine tolle Leistung meines Teams! Sehr früh haben wir das Projekt “Livestreaming Guidebook” in Zusammenarbeit mit Yamaha, Shure und Kycker realisiert. Ebenfalls sehr erfolgreich war eine Aktion mit CASIO. Zehn Künstler wurden ausgewählt, um zuhause ihre eigenen Songs mit dem neuen CASIO Privia Digitalpiano zu filmen. Win-Win: Unsere Künstler haben Geld verdient und konnten ihre Reichweite ausbauen. Und CASIO hat in einer Zeit, in der man selbst nicht viel drehen konnte, tollen Content bekommen. Im Herbst waren meine Highlights dann unsere “Play it Safe”-Kampagne mit JBL und die Yamaha Masterclasses auf diversen Festivals. Für alle Details empfehle ich unseren Blog: blog.gigmit.com – da sind die Aktionen sehr gut beschrieben.

Seedmatch: Nun wollt ihr weiter wachsen und dafür erneut Kapital von der Seedmatch-Crowd einsammeln. Warum habt ihr euch für eine zweite Crowdinvesting-Kampagne bei uns entschieden?

Marcus Fitzgerald: Wir demokratisieren den Livemusik-Markt, Seedmatch demokratisiert Investments in Unternehmen. Das passt einfach zusammen. Das zahlreiche gute Feedback der Investoren hat uns darüber hinaus echt beeindruckt. Außerdem bin ich mir recht sicher, dass wir unsere Investoren nicht enttäuscht haben! Wir sind extrem zuversichtlich in Hinblick auf die jetzt anstehende zweite Funde.

Seedmatch: Was möchtet ihr konkret mit dem Kapital aus der zweiten Runde erreichen?

Marcus Fitzgerald: Mit dem Kapital der ersten Runde sind wir weit gekommen, aber jetzt müssen wir organisch wachsen. Das macht uns langsam und weniger wettbewerbsfähig. Wir haben große Ziele: Wir wollen es unseren Kunden recht machen, viel mehr Features bereithalten, die ihnen zu noch mehr Umsatz verhelfen und damit sicherstellen, dass sie uns treu bleiben. Wir müssen in so einem dynamischen Marktumfeld auch schnell beweisen, dass wir international die größte Gruppe Künstler auf unserer Plattform vereinen. Da haben wir keine Minute zu verlieren und brauchen jeden Euro mehr, um in kürzester Zeit das bestmögliche Ergebnis zu erreichen. Unsere Ziele sind es, über eine Million neue User für uns zu gewinnen und der erste globale Player zu sein, der datengetriebenes Booking für jeden ermöglicht.

Seedmatch: Und warum sollte man sich – auch gegebenenfalls zum zweiten Mal – ein Investment in gigmit keinesfalls entgehen lassen?

Marcus Fitzgerald: Ich glaube, härter kann man ein Marktumfeld ja nicht zerstören, als es für Live-Veranstaltungen in 2020 passiert ist. Wenn man hier als Unternehmen nicht insolvent, sondern mit Umsatzrekord rausgeht, spricht das für das Team, sein Management und die Flexibilität von gigmit. Ich kann mir kein besseres Investment vorstellen und werde auch selbst in dieser Runde mit dabei sein!

Seedmatch: Zum Schluss noch eine persönlichere Frage: Was war deine musikalische Entdeckung des letzten Jahres, die du unseren Lesern unbedingt ans Herz legen möchtest?

Marcus Fitzgerald: Ich habe seit dem letzten Funding geheiratet. Auf unserer Hochzeit lief die Musik einer Band, die uns beide, seit wir uns kennen, tief bewegt: theAngelcy. 2020 habe ich entdeckt, dass sie nun auch auf gigmit sind.

Seedmatch: Lieber Marcus, vielen Dank, dass du dir erneut die Zeit für das Interview genommen hast. Ich wünsche euch einen erfolgreichen Fundingstart!

Marcus Fitzgerald: Ich danke euch und freue mich auf die neue Funding-Runde.

 

Warnhinweis: Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen.

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