Gastbeitrag: 4 Schritte zum erfolgreichen Investieren in Startups

Wie trifft man als Crowd-Investor seine Investmententscheidung möglichst optimal? Um dabei mit den Informationen, die zum Beispiel in der Investmentstory oder dem Businessplan eines Startups zu finden sind, zu arbeiten, kann eine systematische Analyse des Investment-Cases helfen. Eine mögliche Herangehensweise stellt der Startup-Investor Enrico Bitto vor.

Bis vor einem Jahr habe ich die meisten meiner Investmententscheidungen einfach aus dem Bauch heraus getroffen. Oft habe ich mir einfach nur den Pitch des Startups angesehen und mich dann entschieden, ob mir die zugrundeliegende Idee gefällt oder nicht. Das war es!

Da das im Vergleich zu meinen anderen Investmentaktivitäten, beispielsweise im Aktienmarkt, geradezu naiv war, habe ich mir zum Start meines Blogs vorgenommen, auch beim Investieren in Startups einen angemessenen Ausleseprozess zu entwickeln. Was dabei herausgekommen ist, ist keine große Wissenschaft – beschreibt aber die möglichen Stolpersteine eines Startup-Investments ganz gut.

Mein Ausleseprozess hat vier Stufen:

  1. Ich beginne mit einer quantitativen Analyse, ob die aktuelle Unternehmensbewertung des Startups in Verbindung mit den Planzahlen überhaupt zu einem zufriedenstellenden Investmenterfolg führen könnte.
  2. Danach lege ich qualitative Kriterien zugrunde und beschäftige mich mit dem Team und dem Geschäftsmodell des Unternehmens.
  3. Als vorletzten Schritt schaue ich mir mein aktuelles Portfolio an und analysiere, ob das entsprechende Startup auf Portfolioebene passt – oder eben nicht.
  4. Final beschäftige ich mich mit dem Vertrag, um zu verstehen auf was ich mich tatsächlich einlasse. Auch wenn die meisten Plattformen – Seedmatch eingeschlossen – Musterverträge verwenden, sollte man sich den Vertrag jedes Mal gut durchlesen.

Die quantitative Analyse

Grundsätzlich ist es wichtig, verschiedene Dimensionen der Bewertung zu berücksichtigen. Da wir als Crowdinvestoren aber in der Regel wenig Zeit und Geld haben, besinne ich mich auf ein paar simple Methoden aus der Venture-Capital-Welt.

Je nach Quelle werden VCs verschiedene Renditehorizonte in den Mund gelegt. Eine Verzehnfachung des Anfangskapitals wird aber meistens als Untergrenze des Renditehorizonts angesehen. Das hört sich erst einmal vermessen an, aber um eine Vielzahl an Totalausfällen verkraften zu können, sollte eine Verzehnfachung zumindest theoretisch machbar sein.

Um dieses Potential zu berechnen, nehme ich die Planzahlen für die verfügbaren Jahre und modelliere dann die restlichen Laufzeitjahre bis zum erstmöglichen Kündigungstermin des Startups, welcher dem der Investoren nachgelagert ist. Bis dahin möchte ich spätestens meine Rendite eingefahren haben, um nicht kurz vor dem Durchbruch vom Startup rausgekündigt zu werden.

In einem zweiten Schritt gehe ich nach einer Variante der First Chicago Method vor. Die First Chicago Method beinhaltet drei Szenarien (best case, base case, worst case). In meiner Abwandlung strebe ich eine Zielrendite von wenigstens 20 % p. a. an, um auch noch genug Raum für Enttäuschungen zu haben.

Die quantitative Analyse ist zwar u. a. aufgrund der Planzahlen mit erheblicher Ungewissheit verbunden, aber am Ende kommt zumindest etwas annähernd Greifbares heraus und man kann die unterschiedlichen Ergebnisse ins Verhältnis setzen, auch um ein Gefühl für die Bewertung zu bekommen.

Die qualitative Bewertung

Wenn das Startup diese beiden quantitativen Checks überstanden hat, beginne ich mit der qualitativen Analyse. Die qualitative Bewertung ist meiner Meinung nach noch schwieriger. Insbesondere, da man mit den Gründern selbst nie gesprochen hat. Im persönlichen Gespräch bekommt man ja doch einen besseren Eindruck von einem Team als durch ein Video, einen Business Plan und/oder eventuell Antworten auf online gestellte Fragen. Das Dilemma wird man meines Erachtens auch nicht endgültig auflösen können (auch nicht über moderierte Events o. ä.); aber vielleicht kann man sich mit einer qualitativen Analyse einen zusätzlichen Vorteil verschaffen.

Hierfür habe ich mir einen modular aufgebauten (und sehr simplen) Fragebogen zusammengeschrieben, mit dem ich zumindest ein paar Aussagen zum Geschäftsmodell abklopfen möchte. Das Team aus der Ferne zu beurteilen fällt mir dagegen etwas schwerer. Diese Beurteilung basiert dann auf subjektiven Eindrücken aus den Lebensläufen der Gründer und der Art und Weise, wie der Business Plan geschrieben ist.

In der VC-Welt wird die Frage, ob die höhere Ungewissheit bei der Beurteilung eines Teams einen Investor wesentlich benachteiligen würde, geradezu religiös debattiert. Dort heißt es metaphorisch: „Was ist wichtiger, Jockey (Team) oder Pferd (Geschäftsmodell)?“

Das soll natürlich nicht heißen, dass das eine oder das andere unwichtig ist. Die Frage ist lediglich: Worauf sollte ich mich eher einlassen? Ein starkes Team mit einem schwachen Geschäftsmodell oder einem schwachen Team mit starkem Geschäftsmodell? Am besten wäre natürlich, wenn beides großartig wäre…

Glücklicherweise wurde diese Frage auch schon einmal wissenschaftlich untersucht. Steven Kaplan von der University of Chicago hat sich dieser Frage zusammen mit Berk Sensoy und Per Strömberg angenommen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass im Zweifel das Geschäftsmodell die entscheidende Komponente ist. Wer an der Vorgehensweise und Schlussfolgerungen der drei interessiert ist, findet hier das entsprechende Paper aus dem Journal of Finance.

Wer sich statt auf Akademiker lieber auf Erfahrungen aus der Praxis verlassen möchten, dem sei folgende Aussage vom amerikanischen Vorzeige-Investor Warren Buffet zu dem Thema ans Herz gelegt:

„When a management team with a reputation for brilliance tackles a business with a reputation for bad economics, it is the reputation of the business that remains intact.“

Das bedeutet im Umkehrschluss immer noch nicht, dass das Team irrelevant wäre. Ein gutes Team ist wichtig und wertstiftend. Ich schlafe allerdings besser mit dem Gefühl, dass eine richtige Einschätzung des Geschäftsmodells richtungsweisend ist.

Portfolio und Risiko

Wie wir alle wissen, ist das Investieren in Startups mit hohen Risiken verbunden. Deswegen würde ich niemals mein gesamtes Vermögen in diese Anlageklasse stecken. Ich habe für mich als Limit 10 % meines Vermögens gesetzt. Je Crowdinvesting-Plattform ziehe ich noch eine zweite Grenze ein (meist 2 %).

Warum? Da ich kein Jurist bin, kann meine vertragliche Analyse auch mal misslingen. Die Konsequenz wäre dann, dass maximal 2 % meines Portfolios negativ betroffen wären. Außerdem sind der Dealflow und die Features der Plattformen unterschiedlich. Vielleicht wird es auf der einen oder anderen Plattform irgendwann auch einen Sekundärmarkt geben. Dann wäre es doch ärgerlich, wenn man den gar nicht bedienen könnte.

Die Limits überprüfe ich jährlich und je nach Performance der einzelnen Assetklasse passe ich diese gelegentlich an. Eine Unterscheidung nach Branchen nehme ich bei dem geringen Risikobeitrag der Einzelinvestments allerdings nicht vor. Bei Aktien und Anleihen tue ich das, bei meinen Startup-Investments jedoch nicht.

Der Vertrag

Final beschäftige ich mich mit dem Vertrag, um zu verstehen, worauf ich mich tatsächlich einlasse. Grundsätzlich interessant finde ich die Aspekte Mitwirkungs- oder Stimmrechte (in der Regel keine), Informationsrechte und -pflichten, Investmentquote, Unternehmensbewertung, Multiple, Verwässerung, Übertragungsmöglichkeiten und Kündigungstermine und -fristen.

In der Regel verwenden die Plattformen aber glücklicherweise Standardverträge, sodass man sich – wenn man mit dem Grundgerüst einmal zufrieden ist – nur noch mit den veränderlichen Daten wie Investmentquote, Bewertung, Multiple und Kündigungstermine und -fristen beschäftigen muss.

Gefällt auch der Vertrag, entscheide ich abschließend nur noch über die Höhe der Anlage. Um eine entsprechende Diversifikation des Portfolios zu gewährleisten, ist die Höhe des Einzelinvestments in meinem Fall vergleichsweise gering.

Fazit

Seedmatch-Investor als Business AngelMein Weg beim Investieren in Startups ist sicherlich nicht der Weg zum Heiligen Gral; aber jeder Investor muss sich überlegen, wie er seine Investmententscheidungen trifft und treffen sollte. Vor allem welche Verluste man verkraften kann, sollte einem bewusst sein.

Ich fühle mich mit meiner Vorgehensweise definitiv sicherer als vorher. Ob sich der Erfolg auch in der Rendite widerspiegelt, erfahrt ihr immer mal wieder auf meinem Blog.

Wenn ihr bis dahin Fragen oder Feedback zu meiner Vorgehensweise habt, freue ich mich über eure Kommentare unter diesem Post oder auch über eine E-Mail an enrico@derstartupinvestor.de.

Ich wünsche gute Renditen!

 

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