

Wie stellt man sich jemanden vor, der digital in ein Crowdinvesting-Projekt investiert? Internetaffin auf jeden Fall, jung und modern noch dazu. Tatsächlich ist der durchschnittliche Seedmatch-Investor zwischen 35 und 55 Jahre alt, gebildet und risikofreudig. Die letzten beiden Eigenschaften treffen auch auf Bernhard Gößling zu. Nur das Alter passt nicht recht. Mit seinen 83 Jahren gehört der pensionierte Maschinenbautechniker aus Niedersachsen zu unseren ältesten Crowdinvestoren. Wir haben ihn angerufen – und mit ihm über Geld, Risiko und Renditen gesprochen.
Seedmatch: Herr Gößling, entschuldigen Sie die direkte Frage, aber in Ihrem Alter investieren eher wenige Menschen digital in Crowdinvesting-Projekte. Wie sind Sie dazu gekommen?
Gößling: In Zeiten, in denen der Zinssatz immer tiefer sinkt, habe ich angefangen, nach Alternativen zu suchen. 2011 war das. Ich bin dann auf Crowdinvesting gestoßen. Mir hat gefallen, dass man beim Crowdinvesting auch kleine Beträge investieren kann. Man kann also das Geld, das man investieren möchte, auf verschiedene Projekte verteilen.
Seedmatch: Sie sind auf Crowdinvesting gestoßen? Wie genau haben Sie denn von dieser doch recht neuen Form der Geldanlage erfahren?
Gößling: (lacht) Na über das Internet natürlich. Was denken Sie denn? Ich habe drei Kinder und sieben Enkelkinder, das hält mich jung und spornt mich an. Natürlich kommen die jungen Leute viel besser mit der Technik zurecht, aber ich habe mir alles zeigen lassen.
Seedmatch: Hatten Sie sich vorher schon einmal mit anderen Geldanlagen beschäftigt?
Gößling: Ja, ich hatte schon in Aktien und Fonds investiert. Ich habe mich von Bankvertretern beraten lassen und dabei schlechte Erfahrungen gemacht. Die möglichen negativen Folgen waren mir nicht richtig bewusst. Am Ende hatte ich Pech und habe viel Geld verloren. Bei Seedmatch hingegen war mir das Risiko von Anfang an klar, weil es sehr präsent auf der Internetseite deutlich gemacht wird. Und wie gesagt, entscheidend war für mich beim Crowdinvesting, dass man sein Investment breit streuen kann.
Seedmatch: Erinnern Sie sich noch an Ihre ersten Investments, die Sie bei Seedmatch getätigt haben?
Gößling: Natürlich. Ich habe im Jahr 2012 in zehn verschiedene Projekte bei Seedmatch investiert und dabei 5.000 Euro angelegt. Zwar sind ein paar Startups gescheitert, dafür waren andere besonders erfolgreich. 2019 waren meine Investments beendet. Insgesamt habe ich 13.500 Euro herausbekommen. Die Rendite betrug also 15 % p. a. Das entspricht exakt dem Fundingindex von Seedmatch.
Seedmatch: Sie meinen die Untersuchung, die Seedmatch in Zusammenarbeit mit der Universität Oldenburg durchgeführt hat. Errechnet wurde eine durchschnittliche Rendite von 15 Prozent p. a. für die zwischen 2011 und 2014 auf Seedmatch finanzierten Startups.
Gößling: Genau. Für mich ist das Ganze positiv ausgegangen. Und einen Teil meiner Rendite habe ich bereits wieder in neue Seedmatch-Projekte investiert.
Seedmatch: Wonach haben Sie die Projekte ausgewählt, in die Sie investiert haben?
Gößling: Ich schaue mir immer den Rendite-Rechner an. Aber auch das Geschäftsmodell spielt bei mir eine große Rolle, das muss für mich auch Sinn machen. Ich habe 2012 zum Beispiel in LeaseRad investiert, weil ich finde, dass es gut für die Umwelt ist, wenn Firmen ihren Mitarbeitern Dienstfahrräder zur Verfügung stellen.
Seedmatch: Bei LeaseRad (heute JobRad) bekamen die Crowdinvestoren ein lukratives Rückkauf-Angebot. Da haben sich sicher viele gefreut. Aber zurück zu Ihren aktuellen Investments: Sie sagten vorhin, dass Sie auch in diesem Jahr bereits in neue Projekte investiert haben?
Gößling: Ja, das habe ich. Und ich muss sagen, man merkt, dass die Qualität der Investments zunimmt. Die Unternehmen, die auf Seedmatch eine Crowdinvesting-Kampagne starten, haben fundamentale Erfahrungen in ihrem Bereich, sie haben Patente angemeldet. Viele haben schon Umsatzerfahrung. Ich denke, da ist inzwischen mehr Sicherheit im Spiel. Wenn es einen neuen Fundingindex gibt, dann rechne ich damit, dass die durchschnittliche Rendite von 15 % p. a. noch übertroffen wird.
Seedmatch: Welche Tipps würden Sie Menschen geben, die in Crowdinvesting-Projekte investieren wollen?
Gößling: Ich habe drei Tipps. Der wichtigste Grundsatz lautet: Investiere nur Geld, das du in den nächsten Jahren nicht dringend benötigst. Schließlich kann man nicht nach einem halben Jahr sagen, man will sein Geld zurück. Ich würde nie mehr als 5 bis 10 % meiner Rücklagen investieren und auch niemals das ganze Geld in ein Projekt stecken, aber das habe ich ja schon gesagt.
Seedmatch: Verraten Sie uns auch noch Ihren dritten Tipp?
Gößling: Ja, der dritte Tipp ist auch besonders wichtig. Man muss bei seinen Investments optimistisch sein. Gerade für Menschen in meinem Alter ist es wichtig, dass man nicht investiert und sich dann ständig darüber Sorgen macht. Aber das verstehen Sie noch nicht, dafür sind Sie zu jung.
Seedmatch: Vielen Dank für das nette Telefonat. Wir wünschen Ihnen viel Gesundheit und viel Erfolg mit Ihren neuen Investments!
Gößling: Ich bedanke mich auch für das angenehme Gespräch. Wenn ich einmal in der Nähe bin, dann schaue ich gern bei Seedmatch vorbei!