Buckle & Seam: „Mit unseren Taschen konnten wir schon über 5 Millionen Euro Umsatz generieren“

Manchmal will es der Zufall, dass sich die Wege zweier Menschen kreuzen. Und wenn beide dann noch eine gemeinsame Vision haben, kann daraus Großes entstehen. So wie bei unserem aktuellen Funding Buckle & Seam. Die Gründer Georg Wolff und Marco Feelisch (v.l.) lernten sich fern der Heimat – in Pakistan – kennen. Gemeinsam entwickelten sie eine Marke für modische Herrentaschen aus Leder, die sie in ihrem Online-Shop verkauften. Von Anfang an ging es den beiden Männern aber nicht nur um gute Umsätze, mit ihrem Unternehmen wollten sie auch Verantwortung übernehmen. Im Interview erklären die beiden, wie sie nach Pakistan gekommen sind, warum es ihnen so wichtig ist, den Mitarbeitern dort faire Arbeitsplätze zu bieten, was ihre Taschen so einzigartig macht – und wie sie mit ihrer jungen Firma gleichzeitig die Bildung der Mädchen im Land unterstützen.

Seedmatch: Georg, ihr produziert Taschen in Pakistan, in einem Land, das du gut kennst, weil du dort einige Jahre lang gelebt und gearbeitet hast. Warum bist du damals nach Pakistan gegangen? 

Georg: Die Lust nach Abenteuer, Verantwortung und Impact haben mich nach meinem Studium dazu bewegt, bei der deutschen Firma Rocket Internet zu arbeiten. Dort war 2015 direkt meine erste Aufgabe, in Südasien eine Art lokales Amazon in Form der Firma Daraz mit zu erschaffen. Zuerst ging es nach Bangladesch, wo ich meine heutige, französische Freundin Jena kennenlernte. Nach Stationen in Bangladesh und Myanmar wurde sie in das bedeutendste Land der Gruppe, nach Pakistan versetzt, wo kurz zuvor ein anderer Deutscher angekommen war. Dieser hieß Marco und ist heute mein Geschäftspartner. Man kann also sagen, ich folgte der Liebe in Form von Jena und dem Abenteuer in Form von Marco.

Seedmatch: Welche Vorurteile hattest du vielleicht von Pakistan und wie hast du das Land und die Menschen dann tatsächlich erlebt?

Georg: Das muss man tatsächlich etwas differenziert betrachten – medial hat das Land hier in Europa in den letzten Jahrzehnten eher negative Aufmerksamkeit erregt. Mit wenig Recherche findet man jedoch wahnsinnig bewegende, warme und lebendige Bilder des Landes und der Menschen. Rein faktisch gesehen schlummert in diesem Riesen unheimlich viel positives Potenzial – sowohl beruflich als auch privat. Diese Chance konnte ich mir nicht entgehen lassen und letztendlich wurden all meine Erwartungen durch das Leben in Karachi, den Reisen ans Meer oder in den Himalaya bei Weitem übertroffen.

Seedmatch: Marco, du hast Georg in Pakistan kennengelernt. Ihr habt bei „Rocket Internet“ gearbeitet. Irgendwann habt ihr euch entschieden, gemeinsam Taschen zu produzieren. Vielleicht kannst du erzählen, was der Auslöser dafür war.  

Marco: Georg und ich haben zusammen in einer WG in Karachi gelebt. Wir haben nicht nur zusammen gearbeitet, sondern auch enorm viele Abenteuer erlebt. Wir sind durch Wüsten gewandert, haben uns in Bergen verirrt, die Kultur kennen – und die Leute vor Ort lieben gelernt. Grundsätzlich waren Georg und ich beide auf der Suche nach einer hochqualitativen und zugleich erschwinglichen Ledertasche. Pakistan ist international für die Lederqualität und die Handwerkskunst bekannt, so hat eines zum anderen geführt. Die ersten Taschen wurden in einer Manufaktur für uns erstellt, an den Wochenenden haben wir designt. 

Seedmatch: Woher kommt das Leder für eure Taschen und unter welchen Bedingungen werden die Taschen in Pakistan genäht?

Georg: Wir lieben Leder. Die Haptik, die Verlässlichkeit, die Formbarkeit und die Geschichten, die es erzählen kann – besonders in Form von Taschen. Dennoch muss man rein objektiv betrachtet auch sehen, dass Leder meist sehr umweltbelastend gegerbt wird und die Produkte in südasiatischen Ländern unter kaum vorstellbaren Bedingungen hergestellt werden. Hier wollen wir Vorreiter sein und haben uns dazu entschlossen, nur Leder von Gerbern zu kaufen, die von der Leather Working Group (LWG) zertifiziert sind und somit aktiv und als Vorreiter vor Ort zur Reduktion der Umweltbelastung beitragen. Gleichzeitig wollen wir uns auch gegen den Trend stellen, einfach Taschen zu kaufen, die meist von perspektivlosen Tagelöhnern hergestellt werden. Deshalb haben wir uns entschieden, unsere Taschen vorrangig in unserer eigenen Fabrik zu fertigen, wo wir heute 65 Personen fest angestellt haben, das heißt unsere Mitarbeiter verdienen im Schnitt 3x den üblichen Lohn, haben eine Kündigungsfrist von 60 Tagen, bezahlten Urlaub und geregelte Arbeitszeiten.

Seedmatch: Die Corona-Pandemie hat in Deutschland viele Produktionsstätten lahmgelegt. Wie ist es euren Produktionshallen in Pakistan ergangen? 

Georg: Wir haben direkt und proaktiv einen 3-Phasen-Plan aufgestellt, der regelte, ab wann wir wie die Sicherheitsvorkehrungen erhöhen und wie wir die Arbeit wieder aufnehmen können, ohne unsere Mitarbeiter zu gefährden. So waren wir zwar eine der ersten Fabriken, die für sich selbst beschlossen hat, den Betrieb nicht nur einzuschränken (z.B. 2x 4 Stunden Schichtbetrieb inkl. diverser Desinfektionshandlungen), sondern kurzzeitig auch einzustellen. Gleichzeitig haben wir mit den Autoritäten an einem Wiedereingliederungsplan gearbeitet, der dann auch verabschiedet wurde. So konnten wir nach nur wenigen Wochen und bis zu 6 Wochen vor allen anderen den Betrieb wieder aufnehmen. Unsere Mitarbeiter wurden selbstverständlich verlässlich weiter bezahlt.

Seedmatch: Ihr seid mit nur 4.000 Euro Startkapital gestartet. Wie hat sich eurer Umsatz in der Zwischenzeit entwickelt?

Marco: Für uns war von Anfang an klar, wir müssen jeden Cent umdrehen. Die erste Kollektion haben wir privat bezahlt, dann haben wir den Webshop selbst entwickelt und mit dem Online-Marketing angefangen. Im ersten Geschäftsjahr konnten wir so 800.000 € Umsatz generieren und haben mittlerweile seit Gründung in 2017 über 5 Millionen € Umsatz generieren können. Unser Wachstum in der Produktionsstätte verlief so sprunghaft, dass wir es nur durch die finanzielle Hilfe von unseren Familien und Freunden bewerkstelligen konnten. An dieser Stelle möchten wir noch einmal allen Beteiligten danken!

Seedmatch: Kommen wir zu euren Taschen. Ihr konzentriert euch auf Männer, warum genau habt ihr euch diese Zielgruppe ausgesucht?

Marco: Als wir gestartet sind, hat sich der ganze Taschenmarkt lediglich um Damen gedreht. Wir Männer haben uns unverstanden gefühlt. Während des Proof of Concept haben wir festgestellt, dass wir nicht die einzigen Männer sind, die das so empfinden. Die Auswahl zwischen alten verstaubten Herren-Marken und überteuerten Ablegern von Damen-Marken war nicht wirklich zufriedenstellend. Bei allen Angeboten im Markt war für uns zudem nicht ersichtlich, wo diese Taschen produziert werden und welche Konditionen in der Fertigung herrschen. Das wollten (und wollen wir immer noch) ändern. Wir wollen die Verbraucher von nachhaltigem Konsum überzeugen. 

Seedmatch: Viele eurer Wettbewerber bieten ihre Taschen im stationären Einzelhandel an. Ihr setzt hauptsächlich auf euren Online-Shop. Warum glaubt ihr, ist das der richtige Weg?

Georg: Im Taschensegment wird ein Großteil der Umsätze im stationären Handel von alten verstaubten Marken erzielt, wir glauben jedoch an einen digitalen Ansatz. Der Kunde im 21. Jahrhundert möchte sich am Handy über neue Produkte, Features und neue Marken informieren. Durch unseren direkten Kontakt zum Kunden können wir sinnvoller kommunizieren, den Nutzen der Produkte besser identifizieren und haben eine wirkliche Datengrundlage für Entscheidungen. 

Seedmatch: Euer Unternehmen ist nicht nur wirtschaftlich erfolgreich, ihr habt auch Preise gewonnen. Das Forbes-Magazin hat euch in die Liste „30 under 30“ gewählt. Was bedeutet euch das?

Marco: Für uns ist es wichtig, dass wir als Unternehmer auch Verantwortung übernehmen. Neben dem operativen Geschäft und der Verantwortung für Mitarbeiter, Gesellschaft und die Umwelt war für uns von Anfang an klar, wir möchten mehr tun. Mit der Marke Buckle & Seam möchten wir andere Menschen dazu inspirieren, ihre eigenen Weg zu gehen. Für uns als Team sind Auszeichnungen wie z.B. der “Forbes 30 under 30” Award der Beweis dafür, dass wir als Team auf dem richtigen Weg sind. Jeder unserer Mitarbeiter, Unterstützer und Kunde ist Teil dieses Weges. 

Seedmatch: Ihr setzt euch nicht nur für bessere Arbeitsbedingungen ein, sondern spendet 3 % eures Umsatzes für die Mädchenbildung in Pakistan. Warum 3 % und warum gerade für Mädchen?

Georg: Da Marco und ich wirklich lange in Pakistan gelebt haben, sind uns neben all den positiv-aufregenden auch einige Dinge aufgefallen, die eher zum Nachdenken angeregt haben. Hier sticht für uns besonders das Beispiel hervor, dass bis auf wenige Ausnahmen keiner unserer Mitarbeiter den ersten Arbeitsverträge lesen geschweige denn mit Namen unterzeichnen konnte. Da stellt man sich schon Fragen. Und findet auch Antworten. Nur 45 % der Frauen können ihren eigenen Namen lesen und schreiben bzw. noch weniger tatsächlich eine Zeitung lesen. Die Frauen sind jedoch in fast 80 % der Fälle für die Bildung der Kinder verantwortlichen. Diese Kreis wollen wir in Form der Anum-Mädchenschule brechen und bis 2023 etwa 10.000 Kindern Bildung ermöglichen. Die Spende in Form von 3 % des Umsatzes stand für uns von Anfang an fest. Der Grund für diese Prozentzahl ist simpel. Wir fragten uns zu Beginn:  Wie viel würde es kosten, die Anum-Schule ein Jahr lang zu unterstützen? Die Antwort lautete damals: etwa 3 % unserer geplanten Umsätze im ersten Jahr. Auch heute noch spenden wir 3 %.

Seedmatch: Welche Projekte möchtet ihr mit dem Kapital der Seedmatch-Crowd vorantreiben?

Marco: Nachhaltiges Wachstum ist aus unserer Sicht lediglich möglich, wenn wir als Team den nächsten Schritt gehen und uns punktuell mit erfahrenen Mitarbeitern im Bereich Vertrieb und Markenbildung verstärken. Die Warenbeschaffung können wir durch unser Bankdarlehen abdecken, jedoch möchten wir zusammen mit der Crowd den nächsten Schritt machen die erfolgreichste nachhaltige Herrentaschenmarke Europas zu werden. In der Produktentwicklung und Produktion werden wir neben Tests mit innovativen Materialien auch eine internationale Zertifizierung anstreben. Da wir 98 % unserer Umsätze über den eigenen Webshop generieren, möchten wir punktuell die sogenannte Customer Experience verbessern und in unsere IT-Resourcen investieren. 

Seedmatch: Könnt Ihr bitte für unsere Leser noch einmal kurz zusammenfassen, warum sie sich ein Investment in Buckle & Seam keinesfalls entgehen lassen sollten?

Georg: Neben den finanziellen Anreizen, die wir unseren Unterstützern bieten wollen, ist es uns vor allem wichtig, gemeinsam einen Weg mit Menschen zu beschreiten, die sich authentisch mit unseren Qualitätsansprüchen, den Werten Sozialverträglichkeit, Nachhaltigkeit und Abenteuerlust verbunden fühlen und bereit sind, den Status Quo der Taschenindustrie zu hinterfragen.

Seedmatch: Und, letzte Frage, welche von euren Taschen tragt ihr selbst am liebsten? 

Marco: Zum Reisen nehme ich die große Reisetasche Linwood und für den Weg zur Arbeit ist Briefcase Cali mein treuer Wegbegleiter. 

Georg: Schwierige Frage. Die Funktionalität und Stauraum von Siwa besticht sicherlich bei Tagesreisen – wenn es länger ist, dann bevorzuge ich Willow mit seinem 270° Reißverschluss der das Packen deutlich erleichtert. Was aber niemals fehlt, sind mein Gürtel Loui und das Kartenetui Flint. 

Seedmatch: Vielen Dank für das nette Gespräch. Wir wünschen euch einen erfolgreichen Fundingstart! 

 

Warnhinweis: Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen. Der in Aussicht gestellte Ertrag ist nicht gewährleistet und kann auch niedriger ausfallen.

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