Einfach machen – gegen den Einheitsbrei

Das Frühstück sei die wichtigste Mahlzeit des Tages, wird den Kindern auch heute noch gesagt. Aber was essen? Eier, Brötchen, Obstsalat – 40 Prozent der Deutschen entscheiden sich für Müsli. Ein enormer Markt im Foodbereich, den vor 10 Jahren drei Passauer Studenten für sich erobern wollten. Sie gründeten mymuesli – entgegen aller Ratschläge und Prophezeiungen. Mitgründer Hubertus Bessau blickt anlässlich des zehnjährigen Jubiläums als Speaker auf der Heureka Conference (Gründerkonferenz am 20. Juni in der Malzfabrik, Berlin) auf schlaflose Nächte voller Arbeit, viel Experimentierfreude und eine grandiose Erfolgsgeschichte zurück, die er nun gemeinsam mit seinen Partnern im Buch „Machen“ mit anderen Gründungswilligen teilen möchte. Wir sprachen schon vorab der Konferenz mit Hubertus Bessau über seine Essgewohnheiten und darüber, wie man als Gründer durchstartet…

Seedmatch: Hallo Herr Bessau, ich hoffe, Sie haben gut gefrühstückt. Was gab es bei Ihnen?

Hubertus Bessau: Das ist jetzt der Moment, wo ich gerne mal Wurstsemmel antworten würde. Aber Spaß beiseite, bei uns im Büro gibt es natürlich jeden Morgen Müsli. Momentan esse ich gern Paleo-Crunchy zusammen mit unserer neuen Super Nilk am liebsten.

Seedmatch: Vor zehn Jahren gründeten Sie gemeinsam mit Ihren Passauer Kommilitonen Philipp Kraiss und Max Wittrock mymuesli. Als Sie auf dem Weg zum Badesee einen schlechten Radiospot für ein Müsli hörten, kam die Idee. Darf ich fragen: War es die Seitenbacher-Werbung, die auch noch heute im gleichen Stil die Werbebreaks monotonisiert?

Hubertus Bessau: Genau, Ohrwürmer überleben eben Dekaden. Für uns war genau der Radiospot im Sommer 2005 Auslöser für unsere Idee. Wir haben uns zunächst ausgemalt, wie sich wohl unser Radiospot anhören würde und hatten da sehr verrückte Ideen. Wenig später landeten wir dann beim Müsli und stellten fest, dass es kaum eine Sorte gab, die uns alle drei begeisterte. Immer war eine Zutat drin, die einer von uns nicht mochte. Custom-mixed Müsli, das wäre es doch… 2 Jahre später, am 30. April 2007, ging dann mymuesli.com online.

Seedmatch: Pretotyping, eine erste Vorabumfrage und angeblich das entscheidende Instrument, sich für oder gegen eine bestimmte Gründung zu entscheiden, fiel bei Ihnen vernichtend aus: „Keiner würde Müsli online kaufen“. Doch Sie haben es trotzdem gemacht – warum?

Hubertus Bessau: Ich erinnere mich noch gut an den Moment. Das war schon ernüchternd. Wir hatten ja vermutet, dass das Ergebnis knapp ausfallen würde. Online-Shopping steckte damals gerade in seinen Anfängen. Lebensmittel kaufte eben jeder im Supermarkt. Aber wir hatten schon so viel Energie und Herzblut in unsere Startup-Idee gesteckt, aufgeben war einfach keine Option. Wenn es schief gegangen wäre, hätten wir schlimmstenfalls monatelang Müsli gegessen. Das Risiko war also überschaubar.

Seedmatch: Ist das Ihr Rat an alle Gründungswillige mit einer Idee? Einfach machen?!

Hubertus Bessau: Wir haben uns zum 10-jährigen Jubiläum zusammengesetzt und ein Buch für alle geschrieben, die davon träumen, ein Startup zu gründen. Eines, dass wir selbst gern bei der Gründung von mymuesli gelesen hätten. Dabei haben wir uns immer wieder gefragt, was uns in den letzten 10 Jahren beim Start wie beim Wachstum oder eben auch bei Pannen oder Fehlern geholfen hat. Unsere Antwort ist immer die gleiche: Machen. Egal, in welcher Phase man sich als Gründer gerade befindet. Der beste Weg ist (weiter zu)machen. Deswegen heißt auch unser Buch so.

Seedmatch: Was sollte dann Ihrer Meinung nach ein Gründerteam unbedingt beachten, will es erfolgreich durchstarten? Oder gibt es keine Faustformel?

Hubertus Bessau: Eine Faustformel, die alles löst, wäre schön. Aber Startup Ideen und ihre Gründer sind sehr individuell. Wenn man im Team gründet, kommt es vor allem darauf an, eine gemeinsame Vision zu haben, die allen klar ist und unter der alle dasselbe verstehen. Und bei uns gab es von Anfang an klare Zuständigkeiten. Die haben wir einfach nach Themen ausgewählt, die uns interessiert haben oder wo unser Studienschwerpunkt lag. Ich habe mich zum Beispiel um das Marketing und die Website gekümmert. Bei Philipp lagen alle finanziellen Themen wie Zutaten-Recherche und Einkauf. Und bei Max alle Rechtsthemen und die PR. Das Abfüllen der Müslibestellungen von Hand haben wir uns dann wieder geteilt.

Seedmatch: Mittlerweile ist mymuesli von drei Cerealien-Profis, die händisch Cornflakes mit Trockenfrüchten und Nüssen konfektionierten, auf über 800 Mitarbeiter und ca. 60 Shops sowie viele weitere Vertriebskanäle und einen immensen Kundenstamm angewachsen. Verblüfft Sie im Rückblick Ihre eigene Erfolgsgeschichte?

Hubertus Bessau: Wenn man ein Startup gründet, kann man überhaupt nicht einschätzen, wo man einmal landen wird. Natürlich haben wir davon geträumt, erfolgreich zu sein. Aber vieles hat sich auch zufällig entwickelt. Wir hatten wirklich Glück, sind schnell gewachsen und haben dabei eine Menge gelernt, zu dritt und mit unserem Team. Das wissen wir sehr zu schätzen und freuen uns umso mehr darüber, wo wir heute stehen.

Seedmatch: Wenn ein Unternehmen so schnell wächst – Sie erreichten die erste Umsatzmillion binnen 13 Monate – kommen beinah ständig neue Probleme und Herausforderungen auf die Gründer zu. Hatten Sie einen Businessplan in der Schublade, der auf jede neue Frage das passende Konzept ausspuckte oder wie gingen Sie damit um?

Hubertus Bessau: Einen Businessplan hatten wir, ehrlich gesagt, für mymuesli nie geschrieben, auch keinen Fragenkatalog vorbereitet. Beides braucht man auch nicht zwingend. Denn gerade während der Startup- und Wachstumsphase kommen viele Dinge auf, womit man so gar nicht gerechnet hat. Und da gehört auf jeden Fall auch dazu, aus Fehlern zu lernen und eben einfach weiterzumachen.

Seedmatch: Wo wäre mymuesli heute, wenn Sie sich vorab die Zeit für ein höchst ausgereiften Businessplan genommen und diesen befolgt hätten?

Hubertus Bessau: Ganz ehrlich, keine Ahnung. Wir haben ja wirklich viel selbst gemacht und sind mit nur 3.500 EUR Eigenkapital gestartet. Das war gut so. Aber es ist zum Beispiel extrem hilfreich, die richtigen Experten im Team zu haben, bei Themen, wo man sich eben nur oberflächlich auskennt. Da lohnt es sich auf jeden Fall zu investieren.

Seedmatch: Individualisierung ist der Megatrend unserer Zeit, viele Produkte werden an die Kundenwünsche maßangepasst. In Ihren Shops werden allerdings nicht nur Müslis konfektioniert, sondern auch als fertiges Sortiment in einer breiten Auswahl angeboten. Ist der Boom der Konfiguratoren wieder vorbei? Wie viele Ihrer Kunden stellen sich tatsächlich ihr Müsli noch individuell zusammen?

Hubertus Bessau: Bei mymuesli soll jeder sein Lieblingsmüsli finden. Ganz egal, ob er sein Müsli selbst mixen möchte oder es lieber bequemer mag. Man kann sich also sein Bio-Müsli selbst zusammenstellen oder eben auf vorgemixte Sorten zurückgreifen. Mithilfe unserer Onlinedaten wissen wir ziemlich genau, welche Zutaten bei unseren Müslifreunden gut ankommen. Daraus entstehen u. a. die fertigen Müslimixe. Beides hält sich die Waage, also rund 50:50.

Seedmatch: Mittlerweile entwickelt sich mymuesli zum Vollsortimentanbieter für ein gelungenes Müsli-Frühstück – Tee, frisch gepressten Orangensaft, Kaffee, die viel besprochene „Hipster-Milch“ als Neuangebot im Portfolio. Wo sehen Sie Mymuesli in 10 Jahren?

Hubertus Bessau: Könnte man so sagen, ja. Mit Nilk, unserem neuesten Projekt, erweitern wir unser Produktportfolio um ein ganz neues Feld. Viele Kunden haben uns in den vergangenen Jahren immer wieder nach guten Milchalternativen gefragt. Die wenigsten haben uns aber überzeugt. Entweder stimmte der Geschmack nicht, oder die Nährwerte waren schlecht. So ist dann Nilk geboren, eine Milchalternative, die ernährungsphysiologisch mit Kuhmilch mithalten kann und schmeckt.
Wo wir mit mymuesli in 10 Jahren stehen? Schwierige Frage. Da sind wir immer noch mehr Startup und planen eher kurzfristig. Schön, wäre, wenn man uns irgendwann überall kennt. Also auch außerhalb Europas.

Seedmatch: Haben Sie noch einen Rat, wie man den Gründeralltag gut meistert?

Hubertus Bessau: Stell Dich darauf ein, dass kein Tag wie ein anderer ist. Gerade in der Startup Phase passiert vieles kurzfristig. Deshalb lohnt es sich morgens nochmal seine To-Do-Liste zu priorisieren. Oder eben, wenn das “Feuer” gelöscht ist. Und auch, wenn’s schwer fällt und jede Menge zu tun ist, Pausen machen den Kopf wieder frei.

Seedmatch: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben! Ich wünsche Ihnen alles Gute für Ihren Heureka-Auftritt und möge Ihre Müslischale immer halb voll sein.

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Unter allen Lesern unseres Blogs verlosen wir drei Exemplare der mymuesli-Erfolgsgeschichte „Machen“. Hinterlasst einfach einen Kommentar im Blog (bis zum 1. Juli 2017) und erzählt uns, warum ihr unbedingt wissen wollt, wie mymuesli entstand und was das Startup so erfolgreich macht. Eine kleine Leseprobe könnt ihr bereits jetzt bekommen.

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„Machen! Das Startup-Buch der Mymuesli-Gründer“, 240 Seiten, 16,95 Euro

 

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4 Comments

  1. Gregor Lenders
    15. Juni 2017

    Ich finde die Story sehr spannend und würde gerne das Buch gewinnen, da ich ein Macher sein möchte.

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  2. L. Friedrich
    15. Juni 2017

    Ich verfolge seit einer ganzen Weile, wie es mit mymuesli vorangeht. Auch ich würde meinen Kindern sagen, dass Frühstück die wichtigste Mahlzeit am Tag ist und ihnen mymuesli vorsetzen. Ich bin also ein großer mymuesli-Fan und würde daher gern mehr über die Gründungsgeschichte von mymuesli erfahren.

    Liebe Grüße

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  3. Joachim KLEIN
    15. Juni 2017

    Beeindruckende Story des Startups! Was alles aus der Kritik an einem Radiospot so entstehen kann.
    Mich faszinieren „Macher“, deshalb möchte ich mehr darüber erfahren um zu lernen.
    Herzlichen Dank vorab und weiter so!

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  4. Martin
    20. Juni 2017

    Spannendes Interview. An der Verlosung möchte ich auch gern teilnehmen!

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