Die Spielregeln stehen fest – das verändert sich bei Seedmatch durch das Kleinanlegerschutzgesetz

Das Kleinanlegerschutzgesetz hat uns in den vergangenen Monaten konstant begleitet – über ein Jahr ist es her, dass das erste Maßnahmenpaket zum Schutz des Kleinanlegers als Reaktion auf die Insolvenz von Prokon vorgestellt wurde. Im Wesentlichen hat es zum Ziel, die Transparenz von Vermögensanlagen auf dem grauen Kapitalmarkt zu erhöhen und den Anleger vor unseriösen Angeboten zu schützen. Anleger sollen durch die Änderungen künftig die Erfolgsaussichten von Finanzanlagen besser einschätzen können.

Das Gesetz wurde gestern im Bundesanzeiger veröffentlicht und tritt ab heute stufenweise in Kraft. Beim Kleinanlegerschutzgesetz handelt sich um eine Gesetzesänderung des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG). Partiarische Nachrangdarlehen werden durch die Gesetzesänderung nun als Vermögensanlagen kategorisiert. Sie fallen damit unter das VermAnlG.

In Artikel 2 § 2a sieht das Kleinanlegerschutzgesetz einige Bereichsausnahmen für Crowdfunding vor – also Vermögensanlagen, die über ein öffentliches Angebot eine unbegrenzte Anzahl Investoren ansprechen. Die Politik hat damit der Bedeutung von Crowdfunding als zukunftsträchtiger Finanzierungsform zum ersten Mal Rechnung getragen und eine Reihe von Maßnahmen zur Regulierung festgeschrieben. Die wesentlichen Änderungen für Fundings bei Seedmatch haben wir Ihnen bereits in einem früheren Blogpost erläutert.

Was ändert sich für die Seedinvestoren?

Demnächst benötigen Crowdfunding-Plattformen zur Vermittlung von Vermögensanlagen eine Erlaubnis nach § 34f der Gewerbeordnung (GewO). Dadurch wird Seedmatch dann zu einem Finanzanlagenvermittler – die Spielregeln für Crowdfunding-Plattformen im Hinblick auf ihre Informationspflichten werden damit konkreter definiert.

Für Sie als Nutzer ergeben sich dadurch einige Änderungen im Registrierungs- und Investmentprozess, die wir Ihnen hier erläutern möchten. Vorab: Die Änderungen gelten erst für Crowdinvestings, die nach Inkrafttreten des Gesetzes neu starten.

Ergänzung Ihrer Nutzerdaten

Im Registrierungsprozess werden fortan zu den bisher üblichen personenbezogenen Angaben zusätzlich weitere Angaben erforderlich (z. B. Geburtsort). Wenn Sie bereits registrierter Nutzer bei Seedmatch sind, werden Sie bei Ihrer nächsten Investition nach diesen Daten gefragt.

Diese Abfrage ist aufgrund der formellen gesetzlichen Vorgaben zur Bestätigung des sogenannten „Vermögensanlagen-Informationsblattes“ (VIB) notwendig. Dieses stellen wir Ihnen im Folgenden noch konkreter vor.

NEU: Statusbezogene Informationen

Ab dem 1.1.2016 haben wir als Crowdinvesting-Plattform gemäß § 34f der Gewerbeordnung (GewO) die Erlaubnis, als Finanzanlagenvermittler aufzutreten.

Zusätzlich zu unserem eigenen Anspruch nach Gewissenhaftigkeit und Transparenz sind wir nunmehr dazu verpflichtet, weiteren Sorgfalts- und Informationspflichten gegenüber den Investoren nachzukommen, die in der Verordnung über die Finanzanlagenvermittlung (FinVermV) geregelt werden. Die Informationspflichten spiegeln sich zum Beispiel in den statusbezogenen Informationen wider, die vor der ersten Vermittlung jedem Nutzer übersendet werden. Hierin wird die Rolle von Seedmatch als Finanzanlagenvermittler erklärt.

NEU: Die Angemessenheitsprüfung

Weiterhin fordert der Gesetzgeber fortan eine sogenannte Angemessenheitsprüfung. Das bedeutet: Im Laufe des Investmentprozesses sind wir aufgrund des Kleinanlegerschutzgesetzes dazu verpflichtet, vor einer Anlagevermittlung von Ihnen als Anleger Informationen über Ihre Kenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf Geschäfte mit bestimmten Arten von Finanzanlagen einzuholen.

Die Angaben sind freiwillig und werden jeweils in Ihrem Nutzerprofil gespeichert. Bei jedem folgenden Investment können sie entweder bestätigt oder aktualisiert werden.

Vermögensanlagen-Informationsblatt: Das VIB

Die im Vorfeld wohl mit am stärksten diskutierte Maßnahme ist die Einführung des VIB für die im Gesetz aufgeführten Vermögensanlagen.

Der Gesetzgeber sieht vor, dass Unternehmen ein Vermögensanlagen-Informationsblatt erstellen und den Unterlagen zum Investmentvertrag beifügen. Dieses beinhaltet auf maximal drei DIN-A4-Seiten eine Zusammenfassung des Investmentangebotes und gibt klare Hinweise auf die Risiken, die mit dem Investment in das vorgestellte Unternehmen einhergehen. Ergeben sich während der Fundinglaufzeit wichtige Änderungen beim Unternehmen, so wird das VIB entsprechend der Richtigkeit der Angaben aktualisiert – es ist also immer eine aktuelle Version verfügbar.

Das VIB ist Ihnen als Investor gemeinsam mit dem Investmentangebot zur Verfügung zu stellen – Erhalt und Kenntnisnahme müssen bestätigt werden. Die Form dieser Bestätigung wurde in den vergangenen Monaten von vielen Seiten heiß diskutiert. Die ersten Entwürfe des Gesetzes sahen vor, dass das VIB ausgedruckt, händisch unterschieben und anschließend in Papierform an das Unternehmen zurückgesendet werden sollte – womit der Investmentprozess für Sie als Investor und die Unternehmen wesentlich umständlicher geworden wäre.

Hier hat der Gesetzgeber glücklicherweise eine Möglichkeit gefunden, eine weniger aufwendige und bürokratische Bestätigung zu akzeptieren: Die Bestätigung des VIB erfolgt seitens des Investors über die Eingabe persönlicher, d. h. individueller Angaben.

Sie finden das VIB sowohl im Fundingprofil als auch noch einmal im Investmentprozess. Darüber hinaus wird das jeweils bestätigte Dokument auch im Investor-Relations-Bereich abgelegt. Das VIB wird außerdem bei der BaFin hinterlegt.

Investitionen über 1.000 Euro

Bei Seedmatch können Sie seit jeher Beträge zwischen 250 und 10.000 Euro investieren. Jeder Privat-Investor (gilt nicht für Investments als Kapitalgesellschaft), der künftig mehr als 1.000 Euro pro Unternehmen investieren möchte, ist laut Gesetz dazu verpflichtet, eine so genannte Selbstauskunft abzugeben. Der Branchenverband BITKOM hatte zu diesem Punkt Anfang des Jahres eine Umfrage unter Investoren gemacht, und die Bereitschaft einer Selbstauskunft abgefragt: Das Ergebnis war eindeutig. Über 70 % der Investoren wären nicht bereit gewesen, ihre Vermögensverhältnisse offen zu legen. Glücklicherweise ist eine Offenlegung im nun veröffentlichten Gesetz nicht vorgeschrieben.

Bei entsprechender Investitionssumme muss der Investor dennoch bestätigen, dass er

  • über mindestens 100.000 Euro Kapitalrücklagen verfügt oder
  • die Summe des Investments nicht höher ist als das Doppelte seines Netto-Monatseinkommens.

Die maximale Investmentgrenze liegt nun pro Unternehmen auch per Gesetz bei 10.000 Euro für Privatinvestoren. Diese Grenze kennen Sie als Investor schon von Seedmatch, da sie bereits seit Start von Seedmatch die Höchstgrenze für Investments war. Für Sie ändert sich jedoch, dass sich Ihr Investment aufsummiert. Sie dürfen also nur noch in Summe 10.000 Euro in ein Unternehmen investieren – unabhängig davon, wie viele Finanzierungsrunden das Unternehmen bei Seedmatch durchführt.

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Update: Zum 15.07.2019 trat eine Novellierung des Vermögensanlagengesetzes in Kraft. Seitdem dürfen Crowd-Investoren in Summe 25.000 Euro in ein Unternehmen investieren – unabhängig davon, wie viele Finanzierungsrunden das Unternehmen auf Seedmatch durchführt. Für Investments von juristischen Personen gilt keine Obergrenze. Als juristische Personen im Sinne des Vermögensanlagengesetzes gelten dabei neben Kapitalgesellschaften nun auch Personengesellschaften (z. B. KG, Stiftung).

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Widerruf eines Investments

Hier haben wir dem Gesetzgeber etwas voraus: Die nun für alle Plattformen verpflichtende gesetzliche 14-tägige Widerrufsfrist für Investments hatten wir bei Seedmatch schon immer freiwillig integriert. Hier ändert sich für Sie als Crowd-Investor also nichts.

Aufgrund der oben genannten Änderungen wird der Registrierungs- bzw. der Investmentprozess etwas umfangreicher und wird daher einige wenige Minuten mehr benötigen. Ebenso erhöht sich das Kontingent an Dokumenten, die wir Ihnen künftig in der Bestätigungsmail zu Ihrem Investment zusenden werden.

Sollten Sie an einem Punkt auf Schwierigkeiten stoßen, lassen Sie es uns umgehend wissen.

7 Comments

  1. Jörg Schwieder
    27. Juli 2015

    Hallo,

    ich hätte eine Frage zu der Höchstgrenze des Investments pro Startup (10.000€). Wird dabei die tatsächlich investierte Summe zu Grunde gelegt oder die aktuelle Bewertung eines Investments?
    Beispiel: ich investiere in einer ersten Runde €2.000 in ein Startup. Ein Jahr später wird eine Anschlussrunde durchgeführt, die Bewertung des Startups hat sich seit der ersten Runde verdoppelt, mein Erstrundeninvestment wird also dann aktuell mit €4.000 bewertet. Könnte ich in dieser zweiten Runde noch 8.000€ oder noch €6.000 investieren?

    Antworten
    1. Sabine Drotbohm
      27. Juli 2015

      Hallo Herr Schwieder,

      die Grenze bezieht sich auf den tatsächlichen Wert der investierten Summe. Für Ihr Beispiel hieße das, dass Sie in der zweiten Runde noch 8.000 Euro investieren könnten – vorausgesetzt, Ihre Vermögensverhältnisse entsprechen weiterhin den Vorgaben.

      Beste Grüße
      Sabine Drotbohm
      Corporate Communications Seedmatch

      Antworten
      1. Jörg Schwieder
        27. Juli 2015

        Danke 🙂

        Antworten
  2. Marcus Heidemann
    27. Juli 2015

    Welche Konsequenzen werden denn bei etwaigen falschen Angaben in der Bestätigung zum Einkommen gezogen. KAnn nicht jeder der möchte angeben er verdient 5000 Netto im Monat oder habe 100000 Kontostand???

    Antworten
    1. Sabine Drotbohm
      28. Juli 2015

      Hallo Herr Heidemann,

      natürlich können wir den Wahrheitsgehalt der Angaben nicht faktisch überprüfen. Dazu müssten Sie als Investor Ihre Vermögensverhältnisse offen darlegen – sicher etwas, das die wenigsten Investoren wirklich möchten. Der Gesetzgeber hat hier sicherlich versucht, einen Mittelweg im Sinne der Investoren zu finden zwischen einer möglichen Bevormundung auf der einen und der Selbstbestimmung der Investoren auf der anderen Seite. Das Ringen mit dem Verbraucherschutz um genau diese Fragestellung haben Sie ja in den letzten Monaten vielleicht verfolgt. Dementsprechend werden potentielle Investoren direkt im Vorfeld jedes Investments noch einmal darauf hingewiesen, ihre Vermögensverhältnisse zu hinterfragen und die Investmententscheidung vor diesem Hintergrund zu treffen. Die Entscheidung bleibt aber selbstbestimmt.

      Beste Grüße
      Sabine Drotbohm
      Corporate Communications Seedmatch

      Antworten
  3. Tim Renner
    31. Juli 2015

    Guten Tag,

    ich hätte eine Frage zu der 1000€ Grenze bzgl. der Selbstauskunft. Die 1000 € beziehen sich auf ein Investment/ein startup, oder ? Oder ist die Gesamtsumme aller Investitionen bei seedmatch damit gemeint?

    Antworten
    1. Sabine Drotbohm
      31. Juli 2015

      Hallo Herr Renner,

      jeder Anbieter einer Vermögensanlage wird separat betrachtet – in diesem Fall sind das die Startups. Die 1.000 Euro beziehen sich also auf die Investitionen in das jeweilige Startup und nicht auf Ihre Investitionen in Summe bei Seedmatch.

      Der Zähler für Ihre Investments passt sich darüber hinaus an, wenn beispielsweise ein Startup ein Darlehen zurück zahlt. Zahlt das Startup also Ihr Investment von beispielsweise 1.000 Euro zurück, können Sie bei einer neuen Finanzierungsrunde wieder bis zu 10.000 Euro investieren. Hat es bei neuer Finanzierungsrunde das alte Darlehen noch nicht ausgeglichen, können Sie in der nächsten Runde nur bis zu 9.000 Euro investieren.

      Beste Grüße
      Sabine Drotbohm
      Corporate Communications Seedmatch

      Antworten

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