Business Model Generation – Revisited III: „Value Proposition Design“

Im dritten und letzten Teil unserer Reihe zur „Business Model Generation“ werfen wir einen Blick in den Nachfolgeband des beliebten Strategie-Ratgebers, mit dem Alexander Osterwalder und sein Team erneut Maßstäbe setzen: „Value Proposition Design“, so der neue Titel, konzentriert sich auf den Prozess der Erstellung eines Wertangebotes.

Um dabei möglichst erfolgreich zu sein, werden die Interessen der potentiellen Kunden und die genauen Herausforderungen für das Produkt bzw. die Dienstleistung betrachtet und aufeinander abgestimmt. Das passiert in einer Atmosphäre ständigen Testens und Anpassens, so wie es z. B. auch die Prinzipien des „Lean Startup“ vorgeben.

Das Buch „Value Proposition Design“ erscheint nun, nachdem es Ende 2014 zunächst in englischer Sprache auf den Markt kam, in deutscher Sprache. In diesem Blog-Beitrag wird der Ratgeber entsprechend seiner Kapitel-Logik (CANVAS, DESIGN, TEST, WEITERENTWICKELN) vorgestellt; Schwerpunkt bildet aber die „Value Proposition Canvas“, welche zwei Bausteine der „Business Model Canvas“ genauer unter die Lupe nimmt: das Wertangebot und die Zielgruppe. Damit soll Startups oder etablierten Unternehmen beides gelingen: sowohl Kunde als auch Produkt noch besser zu verstehen.

 

CANVAS

Dem Anliegen und Selbstverständnis der Autoren entsprechend, als Experten auf dem Gebiet der Ideenfindung und -optimierung mittels strategischer Werkzeuge zu gelten, baut „Value Propostion Design“ methodisch auf die „Business Model Generation“ auf. Mit dem Hereinzoomen in die Business Model Canvas soll die Herausbildung von Ideen noch effektiver ablaufen und der Prozess veranschaulicht werden.

„Zoom in“: Value Proposition Canvas

Die Value Proposition Canvas teilt sich in zwei Seiten: das „Kundenprofil“ und die „Value Map“. Hier wie bei der Business Model Canvas gilt: von rechts nach links lesen!

Über die Erstellung des Kundenprofils macht sich der Produktentwickler ein umfassendes Bild über die gewählte Zielgruppe (welche ein Baustein der Business Model Canvas ist). „Wie schätze ich den Kunden ein und wie kann ich ihn am besten verstehen?“, lautet dabei eine der Leitfragen. Denn nur wer weiß, wo der sprichwörtliche Schuh drückt, kann die passende Abhilfe schaffen.

Das gelingt dann über die Value Map. Hier wird gefragt, welchen konkreten Wert man seinem Kunden schaffen will, d. h. mit welchem Produkt man ihn in seinem (Arbeits-) Alltag so unterstützen kann, dass er auf diesen Service nicht mehr verzichten möchte.

Value-Proposition-Design
Value Proposition Canvas nach Osterwalder et. al. (2015)

„Was ihr wollt“ – Das Kundenprofil

Das Kundenprofil zielt darauf ab, für erstrebenswerte Resultate im Sinne der Zielgruppe zu ermitteln, indem man buchstäblich in die Haut des Kunden schlüpft – oder gar eigene Erfahrungen als Kunde eines Unternehmens in das Profil aufnimmt. Ausgehend vom jeweiligen Adressaten wird überlegt…

  • (1) welche Aufgaben der Kunde im Alltag oder im Job erledigen muss und will,
  • (2) welche Probleme, Risiken oder Hindernisse ihm dabei begegnen und
  • (3) welche Gewinne oder Vorteile er sucht und erreichen will.

Die Kundenaufgaben können dabei unterschiedlichster Couleur sein: sozial, funktionell, persönlich oder emotional. Bei den Überlegungen sollte vor allem darauf geachtet werden, den Aufgaben je nach Ausrichtung des (zu findenden) Geschäftsmodells zu priorisieren und ihrer Wichtigkeit für das spätere Produkt nach zu ordnen.

Um bei der Suche nach Problemen und Gewinnen nicht im Dickicht menschlichen Wunschdenkens herumzuirren, schlagen die Autoren von „Value Proposition Design“ vor, sich mittels sogenannter „Triggerfragen“ anzunähern. Zu fragen, wo der Kunde Zeit und Geld verliert und welche Konsequenzen er fürchtet, stellt mögliche Probleme heraus, während die Fragen „Welche Einsparungen machen den Kunden glücklich?“ und „Worauf legt der Kunde mehr wert: Qualität, Design, Kosten oder Funktionalität?“ mögliche Gewinne offenlegen.

Auch hier sollte am Ende der Überlegungen eine Priorisierung stattfinden – denn „nice to have“ heißt nicht „unverzichtbar“.

„Wie es euch gefällt“ – Die Value Map

Auf dem Weg zum „optimalen“ Geschäftsmodell liegt ein weiterer Schwerpunkt in der Struktur des angebotenen Produktes bzw. der Dienstleitung. Um die Merkmale detailliert finden und analysieren zu können, hilft die Value Map. In ihr finden sich…

  • (4) das eigentliche Produkt bzw. die eigentliche Dienstleistung,
  • (5) die für den Kunden ins Feld geschickten Problemlöser und
  • (6) die im Angebot integrierten Gewinnerzeuger – ganz im Sinne des Kunden.

Ein komplettes Wertangebot kann dabei sowohl aus Produkt und Dienstleistung bestehen, eventuell sogar aus jeweils mehreren Teilangeboten: materielle oder immaterielle Produkte, digitale und finanzielle Dienstleistungen, auch hier ist die Palette an Möglichkeiten groß. Daher wichtig: sein Portfolio genau abstecken und damit eine hohe Relevanz des Wertangebotes im Ganzen sicherstellen.

Dieses Angebot soll dann auch konkrete Problemlöser beinhalten: „Was kann mein Produkt? Einsparungen oder Unterstützung bieten?“ – was auch immer, Hauptsache die Kunden können damit die Klippen des (Job-)Alltags umschiffen. Darüberhinaus wird ein Produkt dann besonders attraktiv, wenn es auch zusätzliche Gewinne adressiert. Gewinnerzeuger beschreiben genau das, nämlich welchen Nutzen das Produkt über die bloße Lösung von Problemen hinaus bietet und damit welchen zusätzlichen Mehrwert es einbringt. Auch hier gilt wieder: „nice to have“ heißt nicht „unverzichtbar“.

„Where the magic happens“ – Die Übereinstimmung beider Teile

Die Value Proposition Canvas dient, wie eingangs erwähnt, zusammen mit der Business Model Canvas der Koordination innerhalb des Prozesses von Ideenfindung und Produktentwicklung. Bevor die Value Proposition Canvas jedoch in den Prozess integriert wird, sollten die beiden Teile, Kundenprofil und Value Map, verglichen werden.

Je mehr die einzelnen Punkte aufeinander Bezug nehmen, die Übereinstimmung beider Canvas-Teile also möglichst hoch ist, desto besser ist die Value Proposition Canvas insgesamt. Wurden alle relevanten Probleme und Herausforderungen berücksichtigt und setzen die Problemlöser und Gewinnerzeuger genau da an, dann kann nach Meinung der Autoren davon ausgegangen werden, dass das Produkt auf dem richtigen Weg ist.

 

DESIGN, TEST, WEITERENTWICKELN

Ziel des Value Proposition Designs ist es, „Ideen schnellst möglich zu testen, um zu lernen, bessere Entwürfe zu gestalten und erneut zu testen“. Der sich laut Alexander Osterwalder und Team daraus ergebende Kreislauf aus Idee, Prototyp und Kundenuntersuchung spiegelt genau das wider.

(Geschäfts-)Ideen können überall entstehen: ob durch Zufall in alltäglichen Situationen, die uns zum Nachdenken bewegen oder bei der gezielten Analyse von bestehenden Geschäftsmodellen. Zielführend ist dabei nach Ansicht der Autoren, die frühe Konzentration auf wesentliche Eigenschaften, die im späteren Prozess ausgestaltet werden sollen. Je nach Anliegen ist die Ideenfindung ausgehend von der Markt-, Produkt- bzw. Unternehmens- oder Kundenperspektive möglich (oder: Geschäftsmodellumgebung, Geschäftsmodell, Wertangebot).

Aus den mehr oder weniger konkreten Vorstellungen können dann Prototypen skizziert und gestaltet werden. Prototypen, so heißt es in „Value Proposition Design“, sind „schnelle, preiswerte und grobe Studienmodelle, um die Erwünschtheit, Umsetzbarkeit und Brauchbarkeit alternativer Wertangebote und Geschäftsmodelle zu entwickeln“. Dazu können z. B. von einer Idee ausgehend mehrere Varianten mit der Value Proposition Canvas entwickelt werden, die durch Einfachheit bestechen sollten. So kann dem Brainstorm-Prinzip entsprechend jeder Idee eine (zeitlich begrenzte) Chance gegeben werden.

Erscheint ein Prototyp als ausgereift und bereit für ein erstes kritisches Publikum, so kann anhand sozialwissenschaftlicher Methoden die Kundenuntersuchung stattfinden. Mittels Befragung, Beobachtung oder Interaktion werden wichtige Einblicke gewonnen, die zusammen mit der Umgebungsanalyse ein Urteil zur Machbarkeit der Idee zulassen.

„Build, Measure, Learn“ – Schnelligkeit ist das A & O

Was sich im Verlauf des Kompendiums aus der Feder von Osterwalder und Co. immer wieder  andeutet, wird im Kapitel „TEST“ besonders deutlich: „Value Proposition Design“ orientiert sich maßgeblich an den Prinzipien des „Lean Startup“ von Eric Ries. Laut diesen ist die Produktentwicklung auf Grundlage eines iterativen Prozesses besonders erfolgsversprechend.

Die Formel „Build, Measure, Learn“, zu deutsch „Bauen, Messen, Lernen“, bildet den Kern des Lean Startup. Für das Value Proposition Design bedeutet das: Ausgehend von einer mithilfe der Value Proposition Canvas formulierten Idee, die gegebenenfalls sogar schon in die Business Model Canvas integriert wurde, wird ein Prototyp gebaut, dessen Leistungsfähigkeit daraufhin gemessen wird, um aus den sich ergebenden „Learnings“ Konsequenzen für das Re-Design der Idee zu ziehen. Dieser Prozess wiederholt sich immer wieder (er „iteriert“) und hilft so, das Produkt oder die Dienstleistung stetig zu verbessern und immer neuen Gegebenheiten und Trends anzupassen.

Schnelligkeit ist dabei das A & O: Langzeitstudien und Businesspläne sind, so die Autoren, träge und verzögern so das kreative Potenzial der Produktentwicklung. Das soll nicht heißen, dass sie unverzichtbar sind; im Gegenteil, sie haben ihre Daseinsberechtigung. Im Design-Prozess jedoch können sie mit Werkzeugen wie der Value Proposition Canvas nicht mithalten, was deren schnelle Anpassungsfähigkeit und vorausschauende Diagnose von möglichen Problemen angeht. Startups und junge Unternehmen profitieren besonders von den intuitiven und zeitsparenden Verfahren, die Osterwalder und sein Team anbieten.

Wertvolles Feedback erhält, wer die richtigen Tests durchführt. Je nach Art und Entwicklungsstand gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, seine Ideen auf Herz und Nieren zu prüfen: seien es erste Simulationen, Beta-Testphasen oder erste Schritte im testgetriebenen Online Marketing, wie z. B. dem A/B-Testing. Wer ein passgenaues Wertangebot schafft, kann sich der Beliebtheit bei den Kunden so gut wie sicher sein.

Ein Ende ist nie in Sicht – zum Glück!

„So gut wie sicher“? Ja, denn es wird nie das perfekte Produkt oder die perfekte Dienstleistung geben. Das ist wohl eine der trivialsten und zugleich wertvollsten Erkenntnisse, die am Ende des „Value Proposition Design“ stehen. Nur wer sein Wertangebot immer wieder hinterfragt und den Status Quo auf die Probe stellt, kann langfristig Erfolg haben.

Mit dem Kompendium, das Osterwalder und Co. ihren Lesern an die Hand geben, ist es für nahezu jedermann möglich, einen Quereinstieg in das kreative, strategische und unternehmerische Denken hinzulegen. Die angebotenen Schritte auf dem Weg zum „perfekten“ Wertangebot sind intuitiv und so aufeinander abgestimmt, dass das Arbeiten damit bereits nach einem ersten Durchblättern und Anlesen des Buches möglich ist. Wer dann noch tiefer in die Materie eintauchen will, kann sogar auf einen mit Praxisbeispielen und Tests gespickten Onlineservice zurückgreifen.

Ausgehend von der Value Proposition Canvas, die in den verschiedenen Stadien des Value Proposition Designs Anwendung findet und die ein Wertangebot überhaupt greifbar macht, kann ein Produkt entweder neu entstehen oder in seiner Performance optimiert werden. Bereits während des laufenden Erfolgs ist es so möglich ohne Ressourcenverschleiß an neuen Ideen zu arbeiten.

Erfahrungen und Erkenntnisse aus Designprozess und Testläufen helfen dabei im gesamten Prozess, keine Zeit zu verschwenden auf der Suche nach etwas, das die Kunden gar nicht wollen – „Value Proposition Design“ bietet damit gemeinsam mit der „Business Model Generation“ vor allem für Startup- und Firmenstrategen einen hohen Mehrwert.

 

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Alexander Osterwalder, Yves Pigneur, Greg Bernarda, Alan Smith
Value Proposition Design
Entwickeln Sie Produkte und Services, die Ihre Kunden wirklich wollen
Die Fortsetzung des Bestsellers Business Model Generation!
Aus dem Englischen von T. A. Wegberg
2015, kart., 316 Seiten, mit Illustrationen von Trish Papadakos
D 34,99 € / A 36,00 € / CH 45,90 Fr.; ISBN 978-3-593-50331-8

 

2 Comments

  1. Daniel Bartel
    3. Mai 2015

    Insbesondere für etablierte Unternehmen ist Value Proposition Design nützlich, wenn es um das schnelle Testen in einer agilen Geschäftsmodellentwicklung geht. Ich arbeite selbst für Alexander Osterwalder und konnte dutzende Workshops durchführen.

    Antworten
  2. Seminar Redenschreiben
    28. Mai 2015

    Fact is, inventing an innovative business model is often mostly a matter of serendipity.
    Gary Hamel

    Antworten

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